DER RECHTE RANDWAS DAS ENDE EINES TOSTEDTER SZENE-LADENS BEDEUTET : Ungelöstes Problem
„Top Angebote“ und „kommt vorbei“: In roten Lettern wirbt Norddeutschlands größter Szeneladen auf seiner Homepage für den großen Ausverkauf. Nach über acht Jahren will Stefan Silar „Streetwear Tostedt“ zum Februar schließen. Dann ist in der niedersächsischen Gemeinde erst mal Schluss mit dem Verkauf in der rechtsextremen Szene beliebter Modemarken und passender Musik.
Von klammheimlicher Freude ist beim örtlichen „Forum für Zivilcourage“ nichts zu bemerken. Aber die darin organisierten Vertreter von Verwaltung und Kirche, Schule und Polizei sind „erleichtert“: Seit Jahren haben sie mit unterschiedlichen Angeboten der rund 30-köpfigen rechtsextremen Szene entgegen gearbeitet. Auch Antifa-Initiativen wurden in Tostedt immer wieder aktiv – nicht zuletzt vor dem Szene-Treffpunkt „Streetwear“.
Dabei wurden Demonstranten und Polizisten von Silars Kameraden angriffen, Gerichtsverfahren folgten. Silar selbst stand wegen schweren Landfriedensbruchs vor dem Landgericht Stade: Mit einem Messer in der Hand war er auf Protestierende zugestürmt.
Der stetige Protest und die Prozesse dürften dazu beigetragen haben, dass Silar sich aus der Öffentlichkeit zurückzieht, sagt Christina M. Erdmann vom Forum. Von einem Gesinnungswechsel aber sei nichts bekannt bei Silar, der 1992 zu sechs Jahren Haft verurteilt wurde – er war an der Tötung eines Mannes beteiligt, der sich negativ über Adolf Hitler geäußert hatte.
Die Schließung des Ladens bedeutet aus Sicht des Forums nicht, „dass das Problem damit in Tostedt gelöst“ sei. Einen neuen Anlaufspunkt hat man in der Kneipe „VIZ“ erkannt: Die Szene kehrt dort ein, auch Silar wurde schon gesehen. Der Wirt trage die einschlägig beliebte Bekleidungsmarke Thor Steinar. Er bekunde, selbst kein Rechter zu sein – sage allerdings auch: „Ich habe nichts gegen sie.“
Hinweis: ANDREAS SPEIT arbeitet als freier Journalist und Autor über die rechte Szene nicht nur in Norddeutschland