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Archiv-Artikel

DER NEUE STATUS DER OSTSEE IST EINE CHANCE FÜR DAS EMPFINDLICHE MEER Russland drückt sich

Seit gestern ist die Ostsee auch amtlich das, was sie aufgrund ihrer geografischen und biologischen Gegebenheiten schon immer war: ein besonders empfindliches Meeresgebiet. Ein Binnenmeer, das aufgrund seiner geringen Tiefe und des beschränkten Wasseraustauschs zum offenen Ozean hin besonders anfällig für Verschmutzungen aller Art ist. Natürliche Gegebenheiten, auf die nun auch die Schifffahrt Rücksicht nehmen muss. Die entsprechende Klassifizierung durch die IMO, die Schifffahrtsorganisation der UN, war ein seit Jahren von verschiedenen Umweltorganisationen geforderter, überfälliger Schritt.

Die jetzige Klassifizierung ist zunächst nicht mehr als eine leere Hülse, welche Deutschland, Dänemark, Schweden, Finnland, Polen und die baltischen Staaten nun mit Inhalt füllen müssen. Sie bietet die Möglichkeit, spezielle Regelungen auch zur Geltung in internationalen Gewässern zu beschließen. Beispielsweise ein absolutes Verbot von einwandigen Tankschiffen oder die Einführung von „Einbahn-Schifffahrtsstraßen“. Es ist nun Sache der Politik, umgehend aktiv zu werden. Bei der nächsten Beinahe-Katastrophe oder Ölpest hilft es nämlich nicht mehr, sich vor der Verantwortung zu drücken und diese auf Rostlauben und Billigflaggenschiffe abzuschieben.

Vor der Verantwortung gedrückt hat sich bereits Russland. Moskau hatte zunächst darauf hingearbeitet, einen IMO-Beschluss ganz zu blockieren. Nachdem dies misslang, hat Russland nun durchgesetzt, dass der besondere Schutz für die eigenen Territorialgewässer ebenso wenig gilt wie für Schiffe unter russischer Flagge. Dahinter steckt der Wunsch, von Ölverschiffungshäfen bei St. Petersburg auch in Zukunft möglichst billige Tankertonnage über die Ostsee auf Reisen schicken zu können. Ein Wermutstropfen, der den anderen aber nicht als Ausrede herhalten darf, ihrerseits mit Regelungen abzuwarten. Und eine so eklatante Missachtung des Umweltschutzes im Interesse kurzfristigen Profits, dass Moskau dafür in Zukunft bei jeder sich bietenden Gelegenheit an den Pranger gestellt werden muss. REINHARD WOLFF