piwik no script img
taz logo

DER BISS EINER REKLUSA

„Geräusche, verbotene Methoden und ihre Wirkung“  ■ D O K U M E N T A T I O N

Dieser offene Brief eines Berliner Wohnenden erreichte uns zusammen mit seiner Wohnungskündigung und dem Hinweis auf sein Klagebestreben gegen die Bundesrepublik Deutschland, die Hansestadt Hamburg und das Land Berlin.

„Die Anwendung von Geräuschen, die in meinen häuslichen Bereich dringen, ist seit ca. 1989 real. Vorher handelte es sich nur um Geräusche, die hauptsächlich von Privatpersonen und vereinzelt von Ihren Kollegen und Kolleginnen praktiziert wurden. 1989 finden diese Geräusche an zu wirken, in der Beziehung, daß ich darauf reagieren sollte und mich anscheinend ärgern sollte.

Es werden von Tonbandgeräten, Kassetten oder Tonbändern mit Lautsprechern in den Hinterhof hinein abgespielt. Hinzu kommen Geräusche, die sonst natürlichen Ursprungs sind, aber in der Form eingesetzt werden, daß das Toilettenspülen, Wassergeräusche, Hämmern und ein Quietschen von Türen durch Absprach, Funk oder Telephon mit Kommandos wirken soll. Das heißt, in der Weimarischen Straße 6a und der näheren Umgebung befinden sich einige Personen mit illegal eingeschalteten Abhöranlagen und Aufzeichnungsgeräten, die Tag und Nacht eingeschaltet sind - die Alliierten brauchen hierbei keine besondere Genehmigung... begrenztes Besatzerrecht. In jedem Fall darf ich aber nicht mit Geräuschen in dieser Form belästigt werden, denn das ist auch ungesund, weil diese Geräusche mich aus dem Schlaf wecken, ich Schwierigkeiten habe, meinen Tiefschlaf zu erreichen und sogar während meiner Nahrungsaufnahme und des Verdauungsvorgangs damit konfrontiert werde.

Diese Leute, oder besser geschrieben, Ihre Kollegen und Kolleginnen, haben es 1989 sogar noch soweit getrieben, mich vom ersten Stock aus mit Spezialgeräten zu überwachen. Ich wurde beispielsweise während meines Masturbiervorgangs beobachtet (- und wahrscheinlich bis auf die Knochen durchleuchtet; Körperverletzung). Es besteht die Möglichkeit, daß es hierüber Videoaufzeichnungen gibt. Ungefähr zu dieser Zeit fing auch das weibliche Stöhnen im Hinterhaus an, das von Morgens bis Abends in verschiedenen Intervallen zu hören ist, weil ich leise masturbiere, denn ich werde observiert.

Die Anwendung solcher Methoden oder das Observieren ist verboten und wird noch nicht einmal in Gefängnissen oder psychiatrischen Anstalten (?) praktiziert, weil es leichte Folter ist. Inzwischen beschwere ich mich nur noch fast ausschließlich und habe fast aufgehört, die Polizei um Hilfe zu bitten. Es wurde mehrfach die sechsmonatige Frist außer Acht gelassen, in der ein Mensch als Rechtsperson akzeptiert wwerden muß. Ich bin fast gesund, unschuldig und habe Rechte.“

(Extra: „1.) Ergänzend zu dem schon erwähnten Aussetzen von heimischen Spinnen, die mich bissen, wenn sie keine Insekten kriegten, in meinen Häuslichkeiten, gehören auch zwei Exemplare namens „Braune Reklusa“. Die erste Braune Reklusa entdeckte ich im Herbst 1988 und war flinker als ich, aber biß mich nicht. Die zweite fand ich im Sommer 1989, morgens in meinem ca. 8,5 cm hohen Kaffeepot, aus dem ich am Abend vorher trank. Der Biß einer Braunen Reklusa verursacht unangenehme „schwarze Flecken“ an der Bißstelle.

2.) Häusliche Geräusche werden auch nachgemacht.“)

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen