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DDR war verantwortlich

■ Falin sagt zu Grenzsicherung aus

Berlin (dpa/taz/AP) – Die DDR war für die Sicherung der innerdeutschen Grenze und der Berliner Mauer selbst verantwortlich. Der Mauerbau jedoch ging auf die Initiative Breschnews zurück. Dies sagte gestern im Prozeß gegen Mitglieder des ehemaligen Nationalen Verteidigungsrates der DDR der frühere Bonner Sowjetbotschafter und Deutschland-Experte im sowjetischen Außenministerium, Walentin Falin, aus.

In Gesprächen mit der DDR- Führung sei von seiten der Sowjetunion öfters danach gefragt worden, ob nicht Opfer an der Grenze zu vermeiden seien. Die Vertreter der DDR sollen darauf geantwortet haben, es gebe Situationen, die sie nicht beherrschen könnten. Vor dem Berliner Landgericht sind Ex-DDR-Verteidigungsminister Heinz Keßler (73), sein Stellvertreter Fritz Streletz (66) und der frühere Suhler SED-Bezirkschef Hans Albrecht (73) wegen mehrfachen Totschlags an DDR-Flüchtlingen angeklagt.

Für die Errichtung der Mauer am 13. August 1961 seien ursprünglich die „strategischen Verteidigungsinteressen“ der Sowjetunion ausschlaggebend gewesen, sagte Falin. Sie sei erst in zweiter Linie als Maßnahme gegen die Abwanderung von DDR-Bürgern in den Westen gedacht gewesen.

Im Gegensatz zum früheren stellvertretenden sowjetischen Außenminister Julij Kwizinski sprach Falin nicht davon, daß die Initiative zum Mauerbau vom SED-Chef Walter Ulbricht ausgegangen sei. Nach dem Scheitern der Gespräche zwischen Nikita Chruschtschow und John F. Kennedy im Sommer 1961 habe Chruschtschow zu Ulbricht über die Notwendigkeit „konkreter Schritte“ zur Schließung der Grenze gesprochen, berichtete Falin. Ulbricht habe daraufhin geantwortet: „Jetzt müssen die Diskussionen ein Ende haben und Taten folgen.“ Ob konkret zwischen Ulbricht und Chruschtschow über die Maßnahmen zur Grenzschließung geredet wurde, konnte er nicht sagen.

Der Prozeß wird am Donnerstag mit der Vernehmung von Ex- Stasi-Chef Mielke und Grenztruppen-Offizieren fortgesetzt.

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