piwik no script img

DDR-Minister kommen zum Rapport

■ DDR-Innenminister Diestel am Mittwoch in Bonn / Außenminister Meckel kommt zu Genscher / Treffen Kohl-deMaiziere nächste Woche / Waigel: Steuererhöhung wäre kontraproduktiv

Bonn (ap) - Mit dem Ende des Osterfestes kommen die Gespräche zwischen der Bundesregierung und der neuen DDR -Regierung über die Herstellung der Wirtschafts-, Währungs und Sozialunion und die anderen Aspekte des Vereinigungsprozesses in Gang. Bereits am Mittwoch wird als erstes Mitglied der neuen DDR-Regierung der Innenminister und stellvertretende Ministerpräsident Peter-Michael Diestel nach Bonn kommen. Im Mittelpunkt seines Gesprächs mit Bundesinnenminister Schäuble sollen Fragen der polizeilichen Zusammenarbeit und der inneren Sicherheit stehen.

Ein persönliches Treffen Bundeskanzler Helmut Kohls mit DDR -Ministerpräsident Lothar de Maiziere ist aber nach Auskunft eines Bonner Regierungssprechers nicht vor dem kommenden Montag zu erwarten, wenn der Kanzler nach dem Osterurlaub seine Amtsgeschäfte wieder aufnimmt. Beide hätten bereits miteinander telefoniert, sagte der Sprecher.

Als wahrscheinlich galt am Montag in Bonn ein Treffen von Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher mit seinem neuen DDR-Amtskollegen Markus Meckel noch in dieser Woche. Genscher hatte Meckel bereits mit den Glückwünschen zur Ernennung sein Interesse an einem schnellstmöglichen Gesprächstermin bekundet. Beide stehen unter einem gewissen Zeitdruck bei der Vorbereitung ihrer Gespräche mit den Außenministern der vier Siegermächte des Zweiten Weltkrieges. Eine erste Runde dieser sogenannten Zwei-plus -vier-Gespräche, bei denen es um die außen- und sicherheitspolitischen Probleme der deutschen Vereinigung geht, soll möglichst schon am 26. und 27. April in Bonn stattfinden, um dem am folgenden Tag in Dublin beginnenden EG-Gipfel einen ersten Bericht geben zu können.

Am Donnerstag wird in Bonn unter Leitung von Kanzleramtschef Rudolf Seiters der mit der deutsch-deutschen Vereinigung befaßte Kabinettsausschuß die Gespräche mit der DDR-Regierung vorbereiten. Bundeswirtschaftsminister Helmut Haussmann ist, wie 'ap‘ aus Regierungskreisen erfuhr, um ein erstes Treffen mit DDR-Wirtschaftsminister Gerhard Pohl noch in dieser Woche bemüht.

Bundesfinanzminister Theo Waigel und Kanzleramtschef Seiters waren über Ostern erneut Befürchtungen entgegengetreten, daß zur Finanzierung der deutschen Vereinigung Steuererhöhungen in der Bundesrepublik bevorstehen könnten. In Zeitungsbeiträgen stellten beide Minister Steuererhöhungen als geradezu kontraproduktiv dar, weil sie das für den wirtschaftlichen Aufschwung in der DDR benötigte verfügbare private Kapital verringern würden.

Waigel erklärte im Bonner 'General-Anzeiger‘, der Hauptteil des für den Einigungsprozeß benötigten Kapitals werde von der Wirtschaft aufgebracht. Für den Einsatz öffentlicher Mittel sei die Bundesrepublik dank einer florierenden Wirtschaft und solider Staatsfinanzen gut gerüstet. Die entstehenden Kosten werde man durch Umschichtungen im Haushalt, aber auch durch eine vorübergehend höhere Neuverschuldung „als eine Art Vorfinanzierung der zu erwartenden höheren Erträge durch die deutsche Einheit ohne Gefährdung der Stabilität finanzieren können“, schrieb Waigel.

Seiters erklärte, die Politik der Bundesregierung sei darauf gerichtet, die Leistungsbereitschaft der Bürger durch Steuersenkungen zu fördern und nicht durch hohe Steuerlasten zu bestrafen. „Das heißt: Steuererhöhungen sind weder nötig noch beabsichtigt.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen