: DAS SAGEN DIE MÄRKTE
Vom Wahlkampf krieg ich hier in der Markthalle nicht viel mit. Vor der Tür stehen zwar immer die Parteien und verteilen ihre Flyer, aber an meinem Stand geht es nicht politisch zu. Wir reden hier nur die ganze Zeit über Fußball – das ganze Jahr. Ob Angela Merkel oder Peer Steinbrück Kanzler wird, was ändert das an den Kartoffeln und dem Fleisch hier? Allerdings, wenn die Grünen an die Regierung kommen, dann werden wir das auch hier in der Markthalle merken. Zum Beispiel wenn sie die ökologische Landwirtschaft mehr fördern. Der Biotrend ist ja schon jetzt voll da. Wir verkaufen nur Biokäse, und die Kunden wollen das auch so.
Was sich wirklich hinter so einem Biosiegel verbirgt, das weiß zwar niemand, aber das ist den Leuten auch egal, Hauptsache Bio steht drauf.
Außerdem hab ich das Gefühl, dass die Leute jetzt mehr Geld für Lebensmittel ausgeben. Ich selber tu das auch. Die Leute kaufen für 4 Euro lieber 100 Gramm guten Käse, als 500 Gramm Dialogkäse.
Ob das daran liegt, dass sie jetzt mehr Geld für das Hier und Jetzt ausgeben, weil alles so unsicher ist mit dem Euro, das weiß ich nicht. Politik ist eh so kompliziert geworden. Deswegen mag ich es hier am Käsestand. Da ist die Welt noch einfach.
Ich selber wähle die Grünen, weil mir die Themen Ökologie und Gleichberechtigung wichtig sind. Beim Wahl-O-Mat sind neben den Grünen zwar auch die Piraten rausgekommen, aber die sind mir unsympathisch. Ist doch ein chaotischer Haufen. Ich würde mir wünschen, dass die neue Regierung etwas an der Minijobregelung ändert. Dann könnte ich mehr als 450 Euro im Monat verdienen.
PROTOKOLL: LS
■ Matthias Becker arbeitet an einem Käsestand in einer Berliner Markthalle