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D O K U M E N T A T I O N Motherhood is beautiful - neues Selbstbewußtsein für Mütter

■ Was steht eigentlich drin, im Müttermanifest? Immer wieder erreichen uns Nachfragen. Deshalb dokumentieren wir es auszugsweise: „Leben mit Kindern - Mütter werden laut“

Es ist an der Zeit für eine neue Frauenbewegung, eine Bewegung, die die Wirklichkeit, die Wünsche und Hoffnungen von Müttern mit Kindern ebenso konsequent und nachdrücklich vertritt wie die Interessen kinderloser Frauen Sie sind immer weniger bereit, sich damit abzufinden, daß Berufsleben, Terminplanung, Veranstaltungen, jede Form von Öffentlichkeit, de facto davon ausgehen, Mütter hätten kein Recht, dabei zu sein oder wären selbst dafür verantwortlich, sich die Möglichkeiten zur Teilnahme zu schaffen. Sie wünschen endlich aktiver Teil jener Öffenlichtkeit zu werden - aber nicht zu den rigorosen Bedingungen, die viele progressive Dauerpolitiker/innen oder rückwärtsgewandte „Familienfreunde“ ihnen aufzwingen möchten. Raum für Mütter und Kinder zu fordern, heißt nicht etwa, die Frauenbewegung zu schwächen oder zu spalten. Es heißt auch nicht, Männer auszuschließen. Im Gegenteil: Nur starke lebenslustige Mütter und selbstbewußte Kinder, die spüren, daß für sie auch Platz ist, sind Partnerinnen für die Frauen, die sich für einen Lebensentwurf ohne Kinder entschieden haben und für die Männer, die Väter sind oder auch nicht. „Black is beautiful“ war der Ausgangsslogan für die Bewegung der Schwarzen in den USA, „small is beautiful“ stärkte die ökologische Bewegung, „motherhood is beautiful“ könnte die Grundlage für ein neues Selbstbewußtsein von Müttern werden, das den Durchbruch für eine Rückkehr von Müttern und Kindern in die Gesellschaft schafft. Erst ein sicherer Umgang mit den Stärken und Befriedigungen, die im Muttersein auch liegen, ergibt eine klare Grundlage für die Auseinandersetzung mit all den Mißständen, Verkürzungen und Deformationen, unter denen Mutterschaft heute auch gelebt wird. Es wird die Aufgabe der nächsten Jahre sein, das Ghetto der Nichtmütter wie auch das Aquarium der Karrierefrauen zu verlassen und eine neue Debatte über einen erweiterten, ökologischen, zu kunftsweisenden Emanzipationsbegriff zu führen. Eine Reduktion von Frauenperspektiven auf Quotierung und das Recht auf Abtreibung wird diesen Dimensionen und Erfordernissen in keiner Weise gerecht. Ebenso ungenügend ist es, Politik für Mütter allein am Maßstab der Überwindung der geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung zu messen. Da diese sich nur zäh verschiebt, ist zumindestens ein dialektisches Verständnis notwendig: Erst eine Stärkung von Müttern in ihrer Ausgangsposition kann eine Basis für konstruktive Annäherung der Geschlechter sein. Letztlich geht es darum, ein Emanzipationsbild zu entwickeln, in dem die Inhalte traditionell in der Gesellschaft zu welchen Status, welchen Sicherungen verhilft, ist neu zu stellen Forderungen Eine ausreichende und unabhängige finanzielle Sicherung für die Betreuungsarbeit. Nur wenn solche ausreichenden Sicherungen da sind, kann und wird langfristig auch ein größerer Teil der Männer verantwortliche Betreuungsarbeit übernehmen. Männer, die eine solche hauptsächlich von Frauen und Kindern geprägte Öffentlichkeit ertragen und mitragen, sind überall herzlich willkommen. Wir brauchen im Rahmen dieser Infrastruktur Nachbarschaftszentren, Mütterzentren, geöffnet den ganzen Tag. Eßkasinos, gemeinsame Mittagstische und noch vieles mehr. Eine solche Öffentlichkeit ist nicht institutionell und anonym, sondern individuell und gemeinschaftlich zugleich. Für ihre Entwicklung brauchen wir Räume, Geld und Ermutigung. Und vor allem ein Klima, das nicht in jeder Selbstfindung von Müttern ein Ghetto sieht, sondern selbstbewußte Gemeinsamkeit als Voraussetzung für die Bildung von weiteren Öffentlichkeiten mit anderen Frauen und mit Männern. Wir brauchen eine Arbeitswelt, die von einer völlig neuen Offenheit geprägt ist. Die kommenden wirtschaftlichen Probleme sollten vorrangig Anlaß sein zu drastischen Arbeitszeitverkürzungen, aber auch zu ausgedehnten Experimenten mit qualifizierter Teilzeitarbeit und flexibler Arbeitszeit. Wir brauchen einen angemessenen Grundlohn für Frauen, denn die Mehrheit berufstätiger Frauen verdient nicht genug, um sich und ihre Kinder zu ernähren. Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit, d. h. für Frauenarbeit, Umbau der Kriterien, die Zugang zu höheren Einkommen ermöglichen. Ein offenes und flexibles Leben heißt, daß wir, die wir die unsichtbare und unersetzliche Fürsorgearbeit leisten, gesicherte Ein– und Ausstiege brauchen! Im Familien– und Nachbarschaftsbereich erworbene Qualifikationen müssen endlich für spätere Berufe als reale Kompetenzen anerkannt und angerechnet werden. Familienarbeit wirkt sich nicht dequalifizierend auf Frauen aus! Wir fordern individuellen Arbeitszeitverkürzungen, qualifizierte Teilzeitarbeit etc. auch für Männer ausgebaut und angeboten, gesetzlich verankert werden. Wir verlangen das Recht, daß Frauen ihre Kinderwünsche leben können - nicht nur das Recht auf Abtreibung. Wir möchten mit Männern, den Vätern unserer Kinder - soweit wir nicht getrennt von ihnen leben, und auch dann noch - vernünftige und faire Formen der Kooperation. Aber wir wissen, wie schwer es ist, hier gelungene Balancen herzustellen. Viele lesbische Frauen und kinderlose Frauen werfen uns vor, die Väter nicht genügend in die Pflicht zu nehmen. Wir weisen diesen Vorwurf von uns und geben ihn zurück: Wir sind es, die täglich die Auseinandersetzung mit Männern über ihre Unterstützung im Alltag führen und hartnäckig ihren Anteil einfordern. Manche Männer sind kooperativ, ohne sie wäre unsere Teilnahme am öffentlichen Leben nicht möglich. Andere setzen Grenzen, über die wir nicht hinwegkommen und dennoch möchten wir die Liebesbeziehung leben. Wir möchten vielmehr unsere Phantasie darauf richten, daß bei entsprechender sozialer Sicherung von Frauen (und bereitwilligen Männern) nicht jeder Liebesdienst, alle Versorung dem Markt ausgeliefert werden. Wir wollen eine lebenswerte und liebenswerte Mischung aus Hauswirtschaft, Nachbarschaft, aus qualifizierten Berufen, auch eigenem Geldverdienen und der Möglichkeit, anderen zu helfen. Mütter sind nicht mehr bereit und letztlich nicht mehr fähig, ohne „input“ in ihre eigenen Reserven die Grundlagen für alles andere zu schaffen. Ein weiterer Raubbau an der gesellschaftlichen Mütterlichkeit hat aber ebenso bedrohliche Konsequenzen wie der Raubbau an den natürlichen Grundlagen. Unsere Bereitschaft zur Verantwortung hat also in Zukunft nicht nur einen Wert, sie hat auch einen Preis. Wir sind zutiefst überzeugt, daß dazu eine echte Umverteilung von Männereinkommen und Bezahlung oder Sicherung all derer nötig ist, die die reale Dienstleistungsgesellschaft herstellen. Und das sind mehrheitlich Mütter. Erstunterzeichnerinnen u. a.: Dorothea Calabrese, Köln; Gisela Erler, Kelheim; Antje Vollmer; Dorothee Paß–Weingarzt, Bonn; Gaby Potthast, Bochum; Christa Nickels, MdB, Bonn; Ursula Rieger, Eva–Maria Epple, Frau & Schule, Berlin; Monika Jaeckel, Greta Tüllmann, München; Hedwig Ortmann, Hochschullehrerin, Uni Bremen

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