: D O K U M E N T A T I O N „Menschenjäger und Schreibtischtäter“
■ Die „Revolutionären Zellen“ bekennen sich zum Anschlag auf den Leiter der Berliner Auslandsbehörden, Hollenberg
Der Berliner Ausländerpolizeichef Hollenberg ist ein Menschenjäger und Schreibtischttäter. Sein Jagdrevier Westberlin ist der Brennspiegel bundesdeutscher Ausländerpolitik, das heikle und heiße Pflaster, auf dem sich die jeweiligen Projektierungen exemplarisch verdichten und hochgekocht werden. Mögen die angegriffenen Ausländerpopulationen auch wechseln, die taktische Aufbereitung bleibt doch immer gleich. Über eine Abfolge von staatlich gesteuerter Stigmatisierung einzelner Segmente, zunehmend jedoch der ausländischen Bevölkerung in ihrer Gesamtheit, über eine genau kalkulierte, völkische Mobilisierung wird das Terrain geebnet für blutige Pogrome und radikale Repressionen. Nach diesem Muster verliefen die Angriffslinien gegen die türkischen Arbeits emigrantinnen und -emigranten ab Mitte der 70er Jahre mit dem Ziel, sie generell aus den arbeits– und sozialrechtlichen Sicherungen herauszubrechen, um über eine flexible, vollkommen rechtlose Verschiebungsmasse auf dem Arbeitsmarkt zu verfügen. Nach diesem Muster verliefen auch die verschiedenen Angriffswellen gegen die Flüchtlingskontingente. Neben den bilateralen, schmutzigen Deals mit der NATO–Türkei und dem Libanon zeichnet sich über das jüngste DDR–Abkommen die Mitarbeit des Ostblocks an den kapitalistischen Eindämmungsstrategien gegenüber den internationalen Flüchtlings– und Wanderbewegungen ab.(...)Der Chef der Berliner Ausländerpolizei und Lummerprotege Hollenberg steht in diesem „Abwehrkampf“ an vorderster Front, in Geist und Tradition der „kämpfenden Verwaltung“, wie sie NS–Heydrich definiert und formiert hat. Dabei ist weniger ausschlaggebend, ein scharfer Hund zu sein, vielmehr kommt es darauf an, ein untrügliches Gespür für die Absichten und Planungen der Macht zu haben, um effektiv und flexibel an den Gesamtkonzeptionen mitzuarbeiten.(...) Hollenberg ist zuständig für den täglichen Terror, für die über hundertausend Kontrollen, für Zehntausende von Festnahmen, für Tausende von Razzien im Jahr auf „ausländerrelevante Orte“. Er befehligt die zahllosen Überfälle und Durchsuchungen von Ausländerwohnheimen und -wohnungen auf der Suche nach „Asylern, Abschiebern, Illegalen, Schwarzarbeitern und Scheinehen“. Und er ist mitverantwortlich für den grauenvollen Verbrennungstod von sechs Männern in der Abschiebehaft Augustastraße, denn er sorgt dafür, daß diese Käfige ständig überfüllt sind. (...)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen