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■ D I E A N D E R E N
La Repubblica
Gorbatschow will mehr
Mit dem Westfälischen Frieden haben die deutschen Fürsten das Recht zurückerhalten, mit ausländischen Staaten Verträge zu schließen. Auch gestern ging es darum, die Sowjets davon zu überzeugen, daß ein künftiges vereintes Deutschland der Nato angehören und gleichzeitig mit der Sowjetunion einen Vertrag abschließen kann, der Moskau die geforderten Garantien gibt. Gorbatschow aber will mehr.
Er möchte die deutsche Einheit in ein Beziehungsgeflecht zwischen dem Warschauer Pakt und der Nato einbeziehen, angefangen mit einem formalen Nichtangriffspakt zwischen beiden Blöcken. Ein solches Geflecht wäre nach Meinung der Sowjets der überzeugendste Beweis dafür, daß sich Nato und Warschauer Pakt tatsächlich von Militärblöcken in politische Bündnisse wandeln.
Le Monde
Die Chancen von Regierung und Opposition bei den kommenden Bundestagswahlen.
Wie kommt es, daß Bundeskanzler Kohl und die CDU, die das Land seiner Einheit entgegenführen und mehr diplomatische und wirtschaftliche Erfolge erzielen als alle ihre Vorgänger, daraus im Blick auf die Wahlen keinen Nutzen ziehen? Die Umfragen sagen zwar einen knappen Sieg der Regierungskoalition voraus, aber sie enthalten auch besorgniserregende Warnungen für den Kanzler und seine Partei: seine Popularität ist weit geringer als die seines Gegners Oskar Lafontaine. Lafontaine hat vor allem etwas sehr Entscheidendes begriffen: die Westdeutschen dieses ausgehenden Jahrhunderts sind sich bewußt, daß die Zeit, die sie heute erleben, die glücklichste der ganzen Geschichte ihres Landes ist, und daß man die grundlegenden demographischen, wirtschaftlichen und ökologischen Gleichgewichte erhalten sollte. Die vom Kanzler vorgeschlagene Einheit erscheint vielen als ein Abenteuer, das das Ende dieser gesegneten Zeit bedeuten könnte. Lafontaines Wette ist das genaue Gegenteil von Kohls permanentem Pokerspiel. Er stützt sich auf die Überzeugung, daß die Einheit eine mehr dem bürgerlichen Komfort als dem nationalen Überschwang zugeneigte Gesellschaft erst einmal aus dem Gleichgewicht und in Unsicherheit bringen wird. Sozialdemokrat zu sein, kann auch heißen, konservativ zu sein: ein Paradox, das der neuen Generation der Erben von August Bebel und Karl Liebknecht keine Angst macht.
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