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Archiv-Artikel

Crossover durch die Kiebitzberge

Mit dem Rennrad durchs Gelände und durch den Konjunktiv: In Kleinmachnow fanden die deutschen Querfeldein-Meisterschaften statt. Eine familiäre Veranstaltung, denn die Stars kommen aus anderen Radfahrdisziplinen

Mike Kluge hat seine Wurzeln nicht vergessen. Der Exweltmeister im Querfeldeinradsport gab für die Deutschen Titelkämpfe, die am Wochenende im Berliner Einfamilienhausvorort Kleinmachnow stattfanden, den Ko-Kommentator auf dem Gelände. Auch wenn er gegen Ende seiner Karriere als „Mike the Bike“ eher im Lager der Mountainbiker beheimatet war, stammt seine Popularität aus seiner Zeit als weltbester Crosser. Dass einer, der mit einem Rennrad über Feld und Wiesen fährt, als Sportler populär werden kann, ist heute kaum mehr vorstellbar. Und so kommen die nationalen Meisterschaften in den Kiebitzbergen von Kleinmachnow recht familiär daher.

Es wurde viel im Konjunktiv geredet an den zwei Meisterschaftstagen. Das Wort „eigentlich“ wurde zu einem der meist bemühten Ausdrücke. Sylvia Schenk, die Präsidentin des Bundes Deutscher Radfahrer, sprach von der Attraktivität, die diese Sportart doch „eigentlich“ haben müsste. Die Rennen mit den steilen, zerfurchten Anstiegen, den auf gefrorenem Boden besonders schwierigen Abfahrten müsste, so Schenk, „eigentlich“ viel populärer sein. Sind sie aber nicht. Das dürfte auch daran liegen, dass die deutschen Männer den Anschluss an die internationale Spitze schon lange verloren haben. Die Namen der deutschen Elitecrosser sind nur in Fachkreisen bekannt.

Die zwei Stars der Veranstaltungen kamen aus anderen Radsportdiszipilinen. Der eine heißt Malte Urban und ist als Straßenprofi beim neuen Jan-Ullrich-Team Coast angestellt. Querfeldein fährt er nur noch nebenbei. Der zweite Teilnehmer mit relativ hohem Bekanntheitsgrad war Carsten Podlesch. Der ist für gewöhnlich auf dem Holzoval bei den Stehern tätig, auch nicht gerade eine Disziplin, die als jung und dynamisch gilt. Der mittlerweile 33-jährige Berliner Stehereuropameister hält sich im Winter immer im Gelände fit und hat sich zum Wettkampf nur gemeldet, weil die Meisterschaft sozusagen vor seiner Haustür ausgetragen wurde.

Zudem ist er als Junior querfeldein unterwegs gewesen, hat es sogar zu einer Teilnahme bei der Junioren-WM gebracht. Große Erwartungen hatte er nicht an das Rennen. Immerhin wurde er am Ende 16. Das ist aller Ehren wert, sagt allerdings auch einiges über das Niveau der Veranstaltung. Malte Urban musste übrigens das Rennen vorzeitig beenden, nachdem sein Rad nach einem Sturz defekt war.

Immerhin war der Rennverlauf überaus spannend. Erst in der letzten Runde konnte sich der neue Deutsche Meister Jens Reuker aus Emmendingen ein wenig absetzen. Der 23-jährige Südbadener könnte ein Fahrer mit Perspektive sein. Ganz im Gegensatz zum Zweitplatzierten, Maik Müller, und dem Dritten, Jens Schwedler: zwei Fahrer, die sich schon gut in den Dreißigern befinden.

2005 findet die Cross-WM in St. Wendel statt. Vielleicht kann Reuker bis dahin auch international von sich reden machen. Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg. In dieser Saison waren bei Weltcuprennen immer mindesten 30 andere Fahrer vor dem besten Deutschen. Eigentlich kein Zustand.

ANDREAS RÜTTENAUER