Corona vor Beginn des neuen Schuljahres: Kritik an zu viel Schutz

Der Ärzteverband hält Masken in Klassenräumen für unnötig. Der Elternrat kritsiert die Kultusminister. Und für Rückkehrer aus Risikogebieten soll es Pflichttests geben.

Kinder mit Mundschutz an Schultischen

Laut Ärztebund im Klassenraum nicht notwendig: SchülerInnen mit Mund-Nasen-Schutz Foto: Sven Hoppe/dpa

BERLIN dpa/epd/taz | Der Ärzteverband Marburger Bund hält die Rückkehr zum Regelbetrieb an Schulen für richtig – trotz zweier wieder geschlossener Schulen in Mecklenburg-Vorpommern. „Die Schule ist eine Großveranstaltung – aber eine, die wir uns leisten müssen“, sagte Verbandschefin Susanne Johna. Dafür sei es wichtig, Corona-Regeln gut festzulegen. „Die Überlegungen dazu kommen teilweise erstaunlich spät, denn das Schuljahr beginnt ja nun nicht überraschend.“

Dazu gehöre eine Strategie zum regelmäßigen Belüften der Räume, die auch im Herbst und Winter durchzuhalten sei. Eine Maskenpflicht im Schulunterricht, wie sie Nordrhein-Westfalen verordnet hat, hält die Verbandschefin für sinnlos. „Wenn alle auf ihren Plätzen sitzen und Abstand sichergestellt ist, macht das Tragen von Masken während der Unterrichtsstunden überhaupt keinen Sinn und wäre eine überflüssige Behinderung“, sagte Johna. „Sinnvoll ist die Maske dann, wenn es eng wird, etwa beim Verlassen der Klasse, vor dem Schulkiosk oder auf dem Pausenhof, wenn mehrere Klassen gleichzeitig Pause haben.“

Kritik an der Politik äußerte der Bundeselternrat. Der Vorwurf: fehlende Vorbereitungen in den Sommerferien. „Es ist ärgerlich, dass die Kultusminister das so lässig angegangen sind und die Sommerferien nicht dafür genutzt haben, einen verlässlichen Unterricht auch in Coronazeiten vernünftig vorzubereiten“, sagte der Vorsitzende Stephan Wassmuth der Welt. Schon seit Wochen habe man dafür plädiert, Klassen zu teilen, um im Falle eines Ausbruchs nur wenige Schüler in Quarantäne schicken zu müssen. Die Schulen seien zu schnell und unvorsichtig geöffnet worden.

Nur wenige Tage nach Beginn des neuen Schuljahrs waren am Freitag in Mecklenburg-Vorpommern zwei Schulen bereits wieder geschlossen worden. Eine Grundschule in Graal-Müritz nahe Rostock bleibt wegen eines mit Corona infizierten Schülers zwei Wochen zu, ein Gymnasium in Ludwigslust mit rund 800 Schülern wird bis einschließlich Mittwoch kommender Woche geschlossen, nachdem eine Lehrerin positiv getestet wurde.

Die Blicke richten sich jetzt auch auf andere Bundesländer, wo die Schule in der kommenden Woche wieder beginnt. Am Montag startet der Unterricht in Berlin, Brandenburg, Hamburg und Schleswig-Holstein. Am Mittwoch auch im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen.

Weiter über 1.000 Neuinfizierte pro Tag

Die Zahl der Neuinfizierten ist derweil weiterhin hoch. Den dritten Tag in Folge hat sich die Zahl der mit dem Coronavirus neu infizierten Personen in Deutschland um über 1.000 erhöht. Das Robert-Koch-Institut meldete am Samstag 1.122 neue Fälle, womit es insgesamt 215.336 sind. Die Zahl der Todesfälle in Verbindung mit dem Virus erhöhte sich um 12 auf 9.195.

Am Donnerstag waren mit 1.045 erstmals seit Mai mehr als 1.000 Neuansteckungen am Tag verzeichnet worden. Am Freitag hatte das RKI 1.147 Fälle gemeldet. Von den Höchstständen im April ist das allerdings immer noch weit entfernt. Da hatte es Tage mit über 6.000 neu registrierten Infizierten gegeben.

Vor allem die Reiserückkehrer machen den Experten derzeit Sorge. Seit Samstag müssen sich nach einer Verordnung von Gesundheitsminister Jens Spahn alle Reisenden aus Risikogebieten testen lassen. Die Kosten übernimmt der Staat. Weltweit sind viele Reiseländer als Risikoregionen von Auswärtigem Amt und RKI eingestuft, darunter die Türkei. In Europa gehören unter anderem Barcelona und die Costa Brava in Spanien dazu.

Neu hinzugekommen sind seit Freitagabend mehrere Regionen in Bulgarien und Rumänien sowie im australischen Bundesstaat Victoria. Dazu zählt auch die bulgarische Touristenhochburg Warna mit dem bei deutschen Party-Touristen beliebten Urlaubsort Goldstrand, der oft mit dem Ballermann auf Mallorca verglichen wird. In Warna liegt auch einer der beiden wichtigsten Flughäfen an der bulgarischen Schwarzmeerküste. Die wichtigsten rumänischen Urlaubsregionen in Siebenbürgen und am Schwarzen Meer sind von der Warnung ausgenommen.

Für Heimkehrer aus Risikogebieten gibt es künftig zwei Möglichkeiten: Entweder sie lassen sich noch im Urlaubsland höchstens 48 Stunden vor der Abreise testen und legen einen Negativ-Nachweis in deutscher oder englischer Sprache vor. Tests im Ausland sind aber selbst zu zahlen. Oder sie lassen sich nach der Rückkehr in Deutschland testen, was bis zu drei Tage kostenlos möglich ist.

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