Corona-Schnelltests nicht mehr gratis: Viel Freiheit, wenig Zwang

Ab Oktober werden Coronatests kostenpflichtig. Es ist der falsche Weg, um Ansteckungen zu verhindern – und liefert „Querdenkern“ Argumente.

Gäste sitzen innen und außen in einem Restaurant

Ausgehen und sich vorher testen lassen, darauf werden ab Oktober viele verzichten Foto: Annette Riedl/dpa

Es geht jetzt in der Coronapandemie um einen Dreiklang: möglichst wenige Ansteckungen, möglichst wenige Erkrankungen, aber auch möglichst wenige Einschränkungen. Denn bei Letzteren handelt es sich um Eingriffe in die Grundrechte. Praktisch sollte die Politik deshalb für weitere Impfungen werben. Hoffentlich steigt die Zahl der Impfwilligen wieder an, wenn viele Leute aus dem Urlaub zurückkehren. Und die Tests auf Corona sollten so einfach wie möglich bleiben – also kostenlos.

Dagegen schlug das Bundeskanzleramt vor der Bund-Länder-Konferenz am Dienstag vor, ab Oktober keine Gratistests mehr anzubieten. SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz oder auch Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) teilten diese Einschätzung. Das jedoch ist der falsche Weg. Wer Ansteckungen verhindern will, muss es den Bürgerinnen und Bürgern einfach machen, sich testen zu lassen. Besonders an belebten Orten mit Restaurants, Kneipen, Konzertsälen, Sportstätten oder Geschäften gibt es weiterhin Bedarf. Die Weitergabe des Virus wird dadurch erschwert, während die Getesteten gleichzeitig am öffentlich Leben teilnehmen können. Das Recht dazu hat jede und jeder, ebenso wie das Recht, sich nicht impfen zu lassen. Der Staat sollte eine Option anbieten, die beides verbindet.

Kosteten die Tests jedoch beispielsweise 10 Euro, werden viele Leute darauf verzichten. Unwissentlich Infizierte sind dann in der Öffentlichkeit unterwegs und stecken andere an. Das ist das Gegenteil des Beabsichtigten. Für kostenlose Tests spricht auch, dass sich die Ausgaben von bisher 3,7 Milliarden Euro in Grenzen halten. Dieser Betrag geht im Hintergrundrauschen des Bundeshaushalts von insgesamt 550 Milliarden Euro unter.

Viel Schutz, wenig Zwang – das sollte in Zukunft das Motto sein. Zwar werden kostenpflichtige Tests vielleicht den einen oder die andere doch noch zur Impfung bewegen. Aber es hat keinen Sinn, Verschwörungstheoretiker:innen, die von Impfzwang durch die Hintertür und Coronadiktatur faseln, weitere Argumente zu liefern.

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Geboren 1961, ist selbstständiger Wirtschaftskorrespondent in Berlin. Er schreibt über nationale und internationale Wirtschafts- und Finanzpolitik. 2020 veröffentlichte er zusammen mit KollegInnen das illustrierte Lexikon „101 x Wirtschaft. Alles was wichtig ist“. 2007 erschien sein Buch „Soziale Kapitalisten“, das sich mit der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen beschäftigt. Bis 2007 arbeitete Hannes Koch unter anderem als Parlamentskorrespondent bei der taz.

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