Corona-Entwicklung in Deutschland: Versagen in entscheidender Phase

Der Bund-Länder-Gipfel über das weitere Vorgehen in Sachen Pandemie bleibt in Ansätzen stecken. Zu mehr Vertrauen in die Maßnahmen führt das nicht.

Angela Merkel setzt sich einen Mundschuztauf

Sah schon mal glücklicher aus: Angela Merkel nach dem Bund-Länder-Gipfel im Kanzleramt Foto: Stefanie Loos/AFP POOL/dpa

Das, was am Mittwoch im Berliner Kanzleramt zu besichtigen war, kennt man eigentlich nur von dramatischen EU-Gipfeltreffen in Brüssel: Unzählige Stunden saßen die politisch Verantwortlichen zusammen, stritten, verhakten sich, um letztlich mit arg bescheidenem Ertrag nach Hause zu gehen. Faktisch bedeutet das, dass man sich demnächst erneut zusammensetzen muss. Waren das wirklich die 16 Länderchefs, mit denen die Bundeskanzlerin das weitere Vorgehen in der Pandemie besprach?

Ja. Und man möchte fast ein bedauerliches leider hinterherschieben. Denn noch nie in dieser Pandemie hatten sich Angela Merkel, Manuela Schwesig und Co. derart verkeilt, dass man besorgt sein muss. Auch wenn derlei Gespräche nie nur harmonisch abliefen, man erinnere sich nur an den Überbietungswettbewerb, als es im Frühsommer um Lockerungen ging: Bislang hatten sich Bund und Länder immer irgendwie zusammengerauft. Bis jetzt.

Zwar einigte man sich auf neue – und sicher richtige – Maßnahmen zur Pandemieeindämmung, wie etwa weitreichende Kontaktbeschränkungen und eine generelle Sperrstunde für inländische Corona-Hotspots. Nur: Das besonders umstrittene Beherbergungsverbot wurde nicht angetastet. Zu uneins war man sich hier.

Dabei ist der epidemiologische Nutzen dieser Maßnahme gering, und das dadurch entstandene Regelungschaos hat viele nicht nur verwirrt, sondern beim ein oder anderen auch Zweifel in die Coronaregeln insgesamt geweckt. Gerade jetzt, da die Zahl der Neuinfektionen weiter rasant zunimmt und die zweite Welle längst da ist, kommt es auf jede*n Einzelne*n an.

Umso wichtiger wäre hier deshalb ein klares Zeichen von der Kanzlerin und den 16 Ministerpräsident*innen gewesen, mehr Einheitlichkeit und Übersichtlichkeit. Diese Chance wurde vertan. Mehr noch: Zum ersten Mal in solch einer brenzligen Phase der Pandemie wie jetzt zeigt sich, dass Bund und Länder nicht mehr unweigerlich an einem Strang ziehen. Das lässt für die bevorstehenden Wochen und Monate dieses Corona-Herbstes wenig Gutes erahnen.

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Journalistische Stationen u. a. bei Spiegel und SZ, seit 2020 bei der taz. Im Ressort taz.eins für die vorderen Zeitungsseiten verantwortlich.

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