: Cool: Eskimo-Rock gegen Aids
■ Bunter Auftakt zur Aids-Konferenz in Kanada. Aidskranke protestieren gegen Regierung
Vancouver (AFP/wps) – In der kanadischen Stadt Vancouver ist am Sonntag der 11. Aids-Weltkongreß eröffnet worden, bei dem insgesamt 15.000 Wissenschaftler nach neuen Wegen zur Bekämpfung der Immunschwächekrankheit suchen wollen. Die Eröffnungsveranstaltung wurde von hundert Aktivisten der Gruppe Act Up wiederholt massiv gestört. Mit Trillerpfeifen und Nebelhörnern wollten sie auf unzureichende Hilfen für Aidskranke und die extrem hohen Kosten von Medikamenten aufmerksam machen. Die Proteste von Act Up richteten sich gegen die Pharma- Unternehmen Roche, Merck und Abbott, aber auch gegen die kanadische Regierung. Als der kanadische Gesundheitsminister vor den Teilnehmern des Kongresses eine Ansprache begann, wurde er mit Zwischenrufen und Pfiffen übertönt. Ein Punkt des Protestes war der Umstand, daß der kanadische Regierungschef Jean Chrétien sich entgegen der Tradition geweigert hatte, die Tagung selbst zu eröffnen.
Die erste Rednerin war Doreen Millman, eine Aidskranke aus Vancouver. Es folgten Vertreter von vier Indianervölkern von der kanadischen Pazifikküste, die Gebete und Grüße ausrichteten, ein Eskimo-Rocksänger, eine Aufführung von Klavierstücken von Ravel und Chopin und eine Darbietung des „Vancouver Lesbian and Gay Choir“. Ein wichtiger Redner des ersten Tages war Nkosazana Zuma, Gesundheitsministerin von Südafrika, das gerne die nächste Welt-Aids-Konferenz im Jahre 2000 ausrichten möchte. Sie wies darauf hin, daß Länder wie Uganda, Sambia und Simbabwe durch Aids „eine ganze Generation“ verlieren werden. Die Zahl der HIV-Positiven werde inzwischen weltweit auf 22 Millionen geschätzt, sagte der Exekutivdirektor des UN- Aids-Programms, Peter Piot, in seinem Beitrag. „Niemand kann mehr sagen, daß Aids eine unheilbare und unweigerlich zum Tode führende Krankheit ist“, fügte er jedoch hinzu. Zwar gebe es keine sichere Heilungsmethode, die neuen Medikamentenkombinationen berechtigten aber zur Hoffnung. Piot warb vor allem für breite Medienkampagnen, mit denen auf die Aidsgefahr aufmerksam gemacht werden müsse.
Anläßlich des Aids-Kongresses wurde eine Untersuchung veröffentlicht, nach der nur 15 Prozent der 35- bis 40jährigen regelmäßig Kondome benutzen. In der Altersgruppe der 16- bis 29jährigen sind es dagegen 60 Prozent. Weltweit wurden nach Angaben des UN-AidsProgramms 27,9 Millionen Infektionen seit dem ersten Auftreten der Krankheit 1981 registriert, 5,8 Millionen davon führten zum Tod.
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