: Containerdörfer und Kettenabschiebungen
■ Kirchliche Dienste kritisieren deutsches Asylgesetz und die Flughafenregelung
München (taz) – Gegen die zunehmend restriktive Aufnahmepolitik bei Flüchtlingen und Asylbewerbern hat sich am Wochenende die IACAC (International Association of Civil Avaiation Chaplains), ein Zusammenschluß der Kirchlichen Dienste an Flughäfen, ausgesprochen. Auf einer Konferenz, die im Münchner Flughafen stattfand, wandten sich die TeilnehmerInnen aus acht europäischen Ländern insbesondere gegen die in Europa allgemein praktizierte „Drittstaatenregelung“. Sie führe häufig zu jener berüchtigten „Kettenabschiebung“, bei der nicht mehr nach den Fluchtursachen gefragt werde, sondern die Flüchtlinge aufgrund formaler Kriterien einfach von Land zu Land zurückgeschickt würden.
Die Änderung des Asylrechts vom 1. Juli 1993 in der BRD wird von den MitarbeiterInnen des kirchlichen Sozialdienstes am Münchner Flughafen sehr kritisch betrachtet. Festzustellen sei ein Übergewicht des formellen Rechts gegenüber der materiellen Gerechtigkeit. Oft zählten die Zufälligkeiten der Flugroute mehr als die tatsächlichen materiellen Fluchtgründe. Der nachträglich eingebrachte § 18a des Asylgesetzes, der das sogenannte Flughafenverfahren regelt, stelle die an den Flughäfen um Asyl Nachsuchenden fundamental schlechter als alle anders ins Land Einreisenden.
Die Chancen für neuankommende Flüchtlinge, vorübergehend Aufnahme in Deutschland zu finden und Zugang zu einem Prüfungsverfahren über ihre Asylgründe zu finden, haben sich seit Verabschiedung des Gesetzes drastisch verschlechtert. Das Flughafenasylgesetz stellt nach Ansicht der Sozialdienste eine völlige Überforderung der oft traumatisierten Flüchtlinge bei ihrer Ankunft dar. Der vom Gesetz gewährte Rechtsschutz sei völlig unzureichend. Kritisiert wird auch die Unterbringung der Flüchtlinge, die sich im Flughafenverfahren befinden. In München etwa hat man auf dem „Franz Josef Strauß“- Flughafen ein provisorisches Containerlager neben der nördlichen Startbahn eingerichtet, das von einem hohen Doppelzaun mit Stacheldraht umgeben ist. Abgesehen vom ständigen Lärm würden die dort eingewiesenen Flüchtlinge einem Verfahren ausgesetzt, das sie in keiner Weise überschauen könnten.
In Deutschland haben drei internationale Flughäfen kirchliche Sozialdienste: Frankfurt, München und Berlin-Schönefeld. Die Arbeit mit ein- und ausreisenden ausländischen Flüchtlingen sowie den „Abschüblingen“ ist längst ein Schwerpunkt ihrer Arbeit. Im Einzelfall versuchen die MitarbeiterInnen zwar konkrete Hilfestellungen zu leisten, doch wirkliche Lösungen, die nicht nur an den Symptomen herumkurieren, können nach Meinung der KonferenzteilnehmerInnen nur im europäischen Maßstab gefunden werden. Wesentliches Ergebnis der Konferenz war denn auch die Erkenntnis, daß die Flüchtlingsarbeit europaweit intensiver vernetzt werden müsse. Beschlossen wurde, die Kontakte zu Organisationen gerade in osteuropäischen Ländern zu suchen. So soll dafür gesorgt werden, daß Flüchtlinge im Falle ihrer Abschiebung in ihren Heimatländern wenigstens von vertrauenswürdigen Rechtsbeiständen abgeholt werden. Mit der European Conference on Refugees and Exiles (ECRE) will man in Zukunft eng zusammenarbeiten. Th. Pampuch
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