: Computer auf dem Nachttischchen
■ Das UKE ersetzt die Fieberkurve durch direkt verfügbare EDV-Krankendaten
Die Witzblatt-Zeichner werden sich wohl umstellen müssen. Früher konnte das Krankenbett durch eine Fieberkurve auf Papier charakterisiert werden, meist hing sie am Fußende des Bettgestells und wies mit derben Zackenlinien die persönliche Zukunft des Patienten aus. Sollte jedoch die Neuanschaffung des Universitätsklinikums Eppendorf Schule machen, müßten die Zeichner demnächst neben Nachttischchen Computer- Terminals skizzieren, auf den Zahlentabellen flimmern.
Als „weltweit erste Anlage“ stellte gestern Professor und UKE-Anästhesiologie-Direktor Schulte am Esch das neue „Clinical Information System“ mit seinen 54 Terminals und den zwei Großrechnern vor. In den USA gibt es zwar schon 11 Krankenhäuser, die im klinischen Intensiv-Bereich mit Computern arbeiten, aber im UKE werden nun erstmals alle wichtigen PatientInnen-Daten aus der Anästhesiologie (Narkose-Medizin) mit den Daten der Intensiv-Medizin stationsübergreifend vernetzt und sind so in beiden Bereichen bei Bedarf schnell zugänglich.
Weil an jedem Bett der Intensiv-Station ein Computer steht, können sich ÄrztInnen und Schwestern nun „ohne Bleistift und Papier“ (Schulte) alle Krankheits- und Medikamenten-Werte direkt abrufen.
Das extra für das UKE zugeschnittene Programm ist gekoppelt mit den Überwachungsanlagen des OPs und zeigt Pflegeprotokolle, Beatmungs- und Herz-Werte, Therapiefortschritte und Labor-Befunde. Ein sogenanntes „Expertensystem“ ist es allerdings nicht: Die Diagnose und die Behandlung darf noch immer das ärztliche Personal bestimmen.
Der umfangreiche Datensatz, der neben Namen, Alter und Diagnose der PatientInnen auch Angaben über Körperpflege, Ernährung und andere „freie Texte“ (Schulte) enthält, wird nach dem Klinikaufenthalt archiviert. Bedenken wegen des Datenschutzes sieht das UKE nicht, die Angaben seien „weitgehend anonymisiert“, außerdem sei dies mit dem Hamburger Datenschutz abgeklärt, betonte Schulte. Eine Vernetzung mit anderen Datenbanken sei natürlich möglich, räumte er ein, obwohl er die Computer „primär als medizinisches Gerät“ verstanden wissen möchte.
Einen großen Vorteil scheinen die Online-Computer tatsächlich zu haben: Mußte früher ein Laborwert per Telefon weitergegeben werden, war vielleicht die Leitung besetzt, womöglich wegen Privatgesprächen, oder es meldete sich niemand – kurz: die Kommunikation kannte Hürden, die heute beseitigt sind. Schulte betonte gestern, daß Personal durch die neue EDV-Anlage nicht eingespart würde, doch durch den schnelleren Daten-Transfer würde „die Qualität der Arbeit besser“. Annette Janecke, Krankenschwester, konnte dem zustimmen, sie habe jetzt mehr Zeit für die PatientInnen. Annette Bolz
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