: Club zur Blauen Note
■ Einmal in der Woche verwandeln „Who's Uncle Mo?“ & Gäste das „Moments“ in einen veritablen Jazz-Club
Die Musiker müssen einen beachtlichen Geräuschpegel von Bar-Geplauder und Gläser-Klirren überspielen; das Publikum rückt der Band so nah auf die Pelle, daß man von der ersten Reihe aus ohne Schwierigkeiten dem Gitarristen in die Saiten oder der Sängerin ins Solo greifen könnte; aber bei den wirklich guten Stellen scheint dann doch jeder genau zuzuhören. So geht es in einem ordentlichen Jazz-Club zu, und so war es Mittwoch nacht im „Moments“.
Mit der Zeit und diversen regelmäßig spielenden Hausbands hat sich diese Kneipe im Viertel ein treues Stammpublikum aufgezogen. Vor zwei Tagen stand spätabends trotz Hitze und Sommerloch das Publikum dichtgedrängt an der Bar, um die Band „Who's Uncle Mo?“ zu hören. Entweder mit einem „special guest“ oder einem besonderen Programmkonzept wie „A Tribute to Frank Sinatra“ locken hier der Gitarrist Peter Apel, der Bassist Dirk Lüking und der Schlagzeuger Friedemann Bartels an jedem Mittwoch ab 22 Uhr die zahlenden Gäste in die Kneipe. Der Eintritt ist frei, aber dafür wird umso mehr Bier gezapft und Sekt eingegossen.
Diesmal wurde die Sängerin Evelyn Gramel „gefeatured“, und das Programm war ein geschickt dramaturgisierter Zug durch die populären Stile: Viel Blues und Balladen, ein wenig Latin, Cole Porter, „Jump & Jive“ und sogar die gar nicht peinliche Instrumentalversion einer Schnulze von Michael Jackson. Die Musiker wissen, wie sie ihr Publikum für drei Sets bis spät in die Nacht an der Bar halten können! Dabei störte es nicht weiter, wenn sich Evelyn Gramel zumindest im ersten Set noch zurückhielt, die Songs eher sparsam und konventionell sang und (abgesehen von ein paar Scat-Einlagen) die Soloparts der Band überließ. Apel war sehr gut aufgelegt, und auch bei alten Kamellen wie „Love for Sale“ oder „Tenderly“ fanden er und seine Mitspieler jeweils noch einen Dreh, wie man sie frisch und originell klingen lassen konnte.
Langsam wurde auch Evelyn Gramel selbstbewußter, und spätestens bei der Bluesballade „Black Coffee“ und Billie Holidays „God Bless the Child“ hatte sie sich so gut auf die Band eingestimmt, daß ihr spröder, elegischer Gesangsstil voll zur Geltung kam. Da wurde es dann plötzlich ganz still im „Moments“, selbst die Bedienung stellte die Flaschen und Gläser für ein paar Momente beiseite, und dies ist wohl das höchste aller Gefühle in solch einem Club.
Wilfried Hippen
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