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■ Clinton gelingt in der Lewinsky-Affäre nicht die erhoffte BefreiungClinton ist am Ende

Politische Reden sind in den USA stets große mediale Ereignisse. Über sie wird vorher spekuliert, nachher räsoniert. Politiker, Kommentatoren und Talkshowgäste überbieten sich erst mit Ratschlägen, um anschließend jedes Wort auf die Goldwaage zu legen. Daran ist schon mancher Redner gescheitert.

Clintons Rede hat die hochgesteckten Erwartungen enttäuscht. Sie war weder Fisch noch Fleisch, weder großes Bekenntnis noch erhoffter Befreiungsschlag. Clinton konnte sich nicht entscheiden zwischen Geständnis und Angriff, zwischen Reue und Kampfansage, zwischen Übernahme der Verantwortung und Schuldzuweisung. Kein US-Amerikaner müsse sich, so Clinton, solche Fragen nach seinem Privatleben gefallen lassen – um im gleichen Atemzug seine Verfehlung zu gestehen. Er habe nie die Unwahrheit gesprochen, sei allerdings auch nicht wahrhaftig gewesen. Er habe sich falsch verhalten, schuld aber sei Kenneth Starr, der ihn seit vier Jahren verfolge und inzwischen nur noch in seinem Privatleben herumschnüffle.

So mischten sich in seinem Ton Bitterkeit und Zerknirschung, ohne je ganz das eine oder das andere zu sein. Überzeugt hat Clinton damit niemanden – weder mit seiner Reue noch mit seiner Kampfansage an Starr. Clinton hat den vermeintlich sicheren Mittelweg gewählt; doch der bringt in Gefahr und größter Not sprichwörtlich den (politischen) Tod.

Das Warten auf ein Wort von Clinton hatte vor sieben Monaten begonnen, als er ankündigte, er werde „eher früher als später reden und eher mehr sagen als weniger“. Die lange Warterei hat sich nicht gelohnt. Herausgekommen ist ein Geständnis, das keine Enthüllung war, und verschwunden ist die Unschuldsvermutung, die seinem Widerstand gegen Starr auch dann noch Statur gab, als alle Welt die Wahrheit schon zu kennen glaubte.

Die Affäre ist mit dieser Rede nicht ausgestanden, Starrs Untersuchungen werden sich hinschleppen, ob sie je juristische Folgen haben, weiß derzeit niemand. Fakt ist: Dieser Präsident ist am Ende. Er hat sein Kapital verspielt, seine Führungsstärke ist dahin. Seit Monaten schon geht nichts mehr in der US-Politik. Clintons Popularität beruht auf der wirtschaftlichen Lage; doch die wird er nicht ständig als seine Leistung hinstellen können. Die Konjunktur schwächt sich bereits ab, und Clintons sozialstaatliche Agenda hat nun, nach der Rede, noch weniger Chancen. In die Geschichte wird er als der Mann mit heruntergelassener Hose eingehen – nicht als Begründer des Dritten Wegs zwischen Sozialstaat und herzlosem Neoliberalismus. Peter Tautfest

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