piwik no script img

Çiller vor dem Exodus

■ Regierungskrise, Parteiaustritte – die türkische Außenministerin ist am Ende

Ankara (AP) – Die türkische Außenministerin Tansu Çiller hat sich für eine vorgezogene Parlamentswahl eingesetzt, um die innenpolitische Krise zu lösen. Konfrontiert mit weiteren Austritten aus Fraktion und Vorstand ihrer konservativen Partei des Rechten Wegs (DYP), sagte sie gestern: „Die Lösung ist das Volk, die Wahlurne.“ Zuvor hatte der Abgeordnete Samil Ayrim die DYP- Fraktion verlassen. Die Mehrheit der Koalition aus islamistischer Wohlfahrtspartei und der konservativen DYP schrumpfte damit auf 279 von 550 Abgeordneten.

Als politisch noch schwerwiegender bezeichneten Beobachter in Ankara aber den Rücktritt des stellvertretenden DYP-Vorsitzenden, Necmettin Cevheri. Cevheri gab keinen Grund für seinen Rücktritt an. In Zeitungsberichten hieß es, Cevheri habe Çiller am Donnerstag auf einer Vorstandssitzung aufgefordert, die Koalition mit der Wohlfahrtspartei zu beenden. Die Parteivorsitzende habe dies im Streit abgelehnt.

Die Staatsanwaltschaft hat beim Verfassungsgericht Klage auf Verbot der Wohlfahrtspartei eingereicht, weil diese gegen die säkularen Prinzipien der Republik verstoßen habe. Das Gericht hat den Antrag zur Prüfung angenommen. Zudem steht die Koalition unter Druck des Militärs, das sich als Hüter der weltlichen Verfassung der Türkei betrachtet. In dieser gespannten Atmosphäre werden in den kommenden Tagen weitere Austritte von DYP-Mitgliedern erwartet. So hat beispielsweise der kürzlich zurückgetretene Gesundheitsminister Yildirim Aktuna angekündigt, er werde die Partei in der kommenden Woche verlassen.

Kommentar Seite 10

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen