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Chinesische Lösung

■ Hat Egon Krenz gelogen? / Geheimkonferenz zur Niederschlagung der „Konterrevolution“

Hamburg (dpa) - Das frühere SED-Politbüromitglied Egon Krenz und der ehemalige DDR-Staatssicherheitsminister Erich Mielke haben nach Angaben eines hohen Ex-Stasi-Offiziers vor der großen Demonstration in Leipzig am 9. Oktober eine „chinesische Lösung“ zur Niederschlagung der Proteste vereinbart.

Der frühere Offizier sagte in der heutigen Ausgabe der überregionalen Tageszeitung 'Die Welt‘, in einer Geheimkonferenz am Tag vor der Demonstration habe man in Mielkes Büro auch vereinbart, Ex-Staats- und Parteichef Erich Honecker zu stürzen.

Die Devise des Treffens, an dem auch Politbüro-Mitglied Günther Schabowski teilgenommen haben soll, sei gewesen: „Wenn wir am Dienstag das Politbüro kippen wollen, darf am Montag nichts passieren“.

Am selben Tag sei im Ministerium für Staatssicherheit bekanntgegeben worden, daß „morgen in Leipzig mit der Konterrevolution Schluß gemacht wird“. Auch seien Einsatzbefehle erlassen worden.

Zur Anwendung von Gewalt sei es am folgenden Montag nur deshalb nicht gekommen, weil es offenbar Honecker gewesen sei, der unter dem Eindruck einer „beginnenden Revolution im Politbüro“ gegen seine Person Einsatzbefehle zurückgenommen habe.

Ex-Minister Mielke habe Stasi-Mitarbeiter in einer Rede bereits im Juni 1989 auf eine harte Linie eingeschworen und direkte Parallelen zwischen Entwicklungen in der DDR und der Niederschlagung der Demokratie-Bewegung in Peking gezogen.

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