: Chinas Reformer sind in Bedrängnis
■ Auf Konferenz der chinesischen KP werden Konsequenzen aus Studentenprotest diskutiert / KP–Chef Hu unter Beschuß
Peking (ap) - In Peking verdichteten sich am Donnerstag die Anzeichen auf eine unmittelbar bevorstehende oder bereits begonnene wichtige Konferenz der Kommunistischen Partei Chinas, auf der ein Wechsel an der Parteispitze beschlossen werden könnte. Als mögliche Themen einer Parteikonferenz wurden in Peking die jüngsten Studentenproteste und die nachfolgende Kampagne zu deren Überwindung genannt. Bereits am Mittwoch war aus verschiedenen Quellen verlautet, daß das Politbüro und das Zentralkomitee der Partei zusammentreten würde. In diesem Zusammenhang wurde über eine mögliche Ablösung des Parteichefs Hu Yaobang spekuliert. Die Gerüchte um eine mögliche Ablösung Hus stützen sich offenbar größtenteils auf japanische Berichte, in denen es geheißen hatte, der Ältestenratsvorsitzende der Partei, Deng Xiaoping, habe Hu wegen dessen Haltung während der Studentenunruhen vom Dezember kritisiert. Chinesische Beobachter führen die Kritik an Hu auf den konservativen Parteiflügel zurück, der als Reaktion auf die Studentenunruhen die Rückkehr zu einer straffen ideologischen Linie durchsetzen will. Ein erzwungener Rücktritt Hus wäre eine schwere Niederlage des Reformflügels der chinesischen KP. Unterdessen strebt die Kampagne gegen die Initiatoren und Hintermänner der Studentendemonstrationen einem Höhepunkt zu. Die meisten chinesischen Zeitungen druckten am Donnerstag einen Kommentar der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua ab, in dem „einige wenige Parteimitglieder“ beschuldigt werden, „die Gedanken des Volkes zu verseuchen“. Die Anstifter des Protests, so hieß es, stellten den Sozialismus, die Führungsrolle der Partei, die demokratische Diktatur des Volkes und die Gedanken Marx, Engels, Lenins und Mao Tse– tungs als Leitfaden der chinesischen Gesellschaft in Frage. Die disziplinarische Bestrafung derjenigen, die solche Ideen verbreiteten, sei deshalb „vollständig gerechtfertigt“. Doch werde es einen Rückfall in „ultralinke Praktiken“ aus der Zeit der Kulturrevolution nicht geben, als Millionen von Menschen wegen Abweichung von der Parteilinie verfolgt worden seien.
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