: China ist gefragt
Die Kambodscha-Konferenz in Paris zeigt Erfolge ■ K O M M E N T A R
Schon seit Wochen war ziemlich sicher, daß China entgegen seiner offiziellen Stellungnahmen auf eine Änderung seiner Kambodschapolitik hinarbeitet. Deng Xiaoping will offenbar nicht mehr mit seinem Protege Pol Pot verglichen werden. Wichtiger ist jedoch, daß China sein internationales Image nach dem Blutbad auf dem Platz des Himmlischen Friedens aufpolieren muß. Außerdem will das Land ökonomisch und militärisch nicht mehr die Endloslast der Roten Khmer tragen. Mehrere chinesische Periodika haben jüngst denn auch positiv die Regierung Hun Sen gewürdigt. Insbesondere die Armee-Zeitung 'Liberation Daily‘ schrieb, Hun Sen habe viel für die Menschen von Kambodscha getan. Die Wirtschaft des Landes würde unter der Pnom-Penhschen Variante von Glasnost und Perestroika geradezu blühen. Noch wichtiger ist, daß in jüngster Zeit chinesische Offizielle, als Geschäftsleute oder Touristen getarnt, nach Phnom Penh kamen und dort mit der Regierung Hun Sen Gespräche führten.
Das spiegelt zwar einerseits die unveränderte ökonomische Politik Pekings auch angesichts des jüngsten politischen Aufstands wider. Und vielleicht ist die Regierung nun noch mehr darauf bedacht, die Vorteile eines indochinesischen Markts zu nutzen, wo der Westen mit Boykotten droht. Andererseits ist die Verhaltensänderung Chinas gegenüber Kambodscha auch Teil einer Neubewertung chinesischer Außenpolitik. Das jedenfalls war Kern des jüngsten Treffens aller chinesischen Botschafter mit der Parteiführung in Peking. Dabei ging es um eine Verstärkung der Beziehungen zu Dritte-Welt-Ländern und um eine Rückkehr zur Außenpolitik der frühen 70er Jahre. Das momentane Denken der chinesischen Führer jedenfalls ist von Ernüchterung gezeichnet und der Verbitterung nahe, was die Beziehung zu den USA, dem Westen und das anhaltende Mißtrauen der Sowjets trotz verbesserter Beziehungen anbelangt. Es ist daher kein Zufall, daß der chinesische Außenminister in Paris von einer „Wiederherstellung des Friedens und einer verständnisvollen politischen Regelung“ sprach.
Doch die Chinesen haben nicht nur wachsende Flexibilität signalisiert, sie zeigen auch, daß sie Einfluß auf die Roten Khmer ausüben und sie überzeugen konnten, zumindest im Moment eine UN-Untersuchungskommission zu akzeptieren. Die wird am Wochenende nach Kambodscha reisen und nach vierzehn Tagen einen Bericht über die „technischen Aspekte“ einer möglichen Einigung anfertigen. Das ist sicherlich ein diplomatischer Durchbruch. Es muß jedoch noch viel getan werden, bis den 20 Außenministern, die nächsten Monat nach Paris zurückkommen, ein Friedensvertrag vorgelegt werden kann. Die vier Khmer-Fraktionen diskutieren unterdessen in einem Ad-hoc-Komitee die Konditionen einer internen Lösung und werden ohne Zugeständnisse einer Machtbeteiligung alles weitere blockieren.
Der Verweis des US-Außenministers auf eine Vierparteienregierung könnte noch den Schlüssel zu einer Friedenslösung bieten. Anfänglich war das Haupthindernis für eine Übergangsregierung gewesen, daß jede Khmer-Fraktion 10.000 Soldaten für eine Friedenstruppe stellen wollte. Das hätte sicherlich zu einer Verschärfung des Bürgerkriegs geführt. Dann sagte Prinz Sihanouk letzte Woche in privatem Rahmen, die Einbeziehung der 10.000 Roten Khmer sei kein Thema mehr. Noch wichtiger ist, daß China nun ein Waffenstillstandsabkommen vorschlägt, bei dem die beiden militärischen Opponenten bleiben, wo sie sind.
Niemals würde die Regierung Hun Sen einer Auflösung der Administration in einer Übergangsphase zustimmen, bevor nicht Wahlen unter UN-Beobachtung stattfinden. Eine Vierparteienkommission, die Überblick über die Regierungsaktivitäten hätte, ohne in die Tagesgeschäfte involviert zu sein, könnte allerdings ein Kompromiß sein. Die Frage ist nur, ob Sihanouk dem zustimmt. Tut er das, dann wäre ein Friedensabkommen in einem Monat machbar. Doch während diese Gespräche laufen, werden die Roten Khmer ihre militärischen Operationen im Westen Kambodschas fortsetzen. Es bleibt die Frage, ob China sich wirklich gegenüber seinem Schützling durchsetzen kann und die Roten Khmer das Ergebnis der Pariser Gespräche akzeptieren.
Larry Jagan
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