: Chile: 300.000 für freie Wahlen
■ Auf einer Großkundgebung forderte die Opposition freie Wahlen für 1988 / CDU–Generalsekretär Geißler kämpft auf Blüms Spuren für „Menschenrechte, Demokratie und soziale Gerechtigkeit
Santiago, Berlin (afp/taz) - Als Zeichen des erwachenden „Frühlings der Freiheit“ wertete der ehemalige Präsident der chilenischen Christdemokraten, Gabriel Valdes, die Demonstration von Hunderttausenden in der chilenischen Hauptstadt Santiago. An der größten Kundgebung seit zwei Jahren nahmen nach Angaben der Veranstalter rund 300.000 Menschen teil, nach offiziellen Mitteilungen etwa 60.000. Sie forderten eine freie Wahl des Nachfolgers von Pinochet bei der für 1988 vorgesehenen Abstimmung. In seiner Rede während der zentralen Kundgebung kündigte Gewerkschaftsführer Bustos dem Diktator bei der Volksabstimmung eine beispiellose Niederlage an. Der Chef des Nationalen Kommandos der Arbeit (CNT) sagte, daß die Mehrheit der Chilenen Pinochet als Kandidaten für die Präsidentschaft klar ablehnen werden. Pinochet hatte zuvor in einem Interview erklärt, im Falle einer Niderlage bei der Volksabstimmung werde er „seine Koffer packen und gehen“. Wenn die Wähler im September nächsten Jahres den 72jährigen Pinochet ablehnen, müßte er Wahlen mit mehr als einem Kandidaten ausschreiben. Während der chilenische Innenminister Sergio Fernandez die Demonstration als erneute Niederlage der Opposition abtat, waren die Oppositionsführer mit der Beteiligung an der Kundgebung zufrieden. Der Führer der Sozialdemokraten, Rene Abeliuk befand, daß das Volk aus seiner „Apathie“ herausgefunden habe. Die Demonstration haben gezeigt, daß Pinochet keine Chance habe, an der Macht zu bleiben. Um die Perspektiven für eine demokratische Zukunft Chiles zu erforschen, reist CDU–Generalsekretär Heiner Geißler heute zu einem einwöchigen Besuch nach Chile. Geißler will mit seinem Besuch den Kampf der „chilenischen christlichen Demokraten für Menschenrechte, Demokratie und soziale Gerechtigkeit unterstützen“. Dazu will er mit Vertretern von Menschenrechtsorganisationen und der Opposition zusammentreffen. Als Vizepräsident der Christlich–Demokratischen Internationale (CDI) wird er an der CDI–Präsidiumssitzung teilnehmen, in der neben der Lage in Chile die Situation in Mittelamerika, in Südkorea und auf den Philippinen erörtert werden soll.
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