■ Mit Umweltproben auf du und du: Chemikalienarchiv
Berlin (taz) – Etwa acht Millionen chemische Stoffe sollen bekannt sein. Mehr als 100.000 davon unterliegen dem Chemikaliengesetz, das Menschen und Umwelt vor schädlichen Einwirkungen gefährlicher Stoffe schützen soll. Dummerweise weiß bei den meisten dieser Chemikalien niemand, wie schädlich sie sind und wie sie wirken. Da helfen auch die verschiedenen Schadstoffmeßnetze wenig, denn untersuchen kann man nur, was man kennt.
Abhilfe soll eine Umweltprobenbank schaffen. Im Auftrag von Bundesumweltministerium und Umweltbundesamt archivieren seit nun zehn Jahren das Forschungszentrum Jülich und die Universität Münster Umweltproben, von Fichten über Tauben bis zur Miesmuschel, sowie Proben von Menschen – Blut, Urin, Speichel und Haare. Die inzwischen 50.000 Umweltproben werden homogenisiert bei minus 150 Grad, die über 300.000 Humanproben bei minus 85 Grad gelagert, so daß in den Proben keine chemischen Veränderungen mehr vorgehen. So können künftig Stoffe untersucht werden, die mit aktuellen Methoden nicht oder nur unzureichend bestimmbar sind oder deren toxikologische Bedeutung sich erst später herausstellt – wie beispielsweise im Falle der als Duftstoffe für Wasch- und Reinigungsmittel genutzen Nitromoschusverbindungen. Da zwischen dem Auftreten eines Stoffes in der Umwelt und seiner möglichen Wirkung oft Jahre oder – etwa bei krebserregenden Stoffen – gar Jahrzehnte vergehen, ist eine rückblickende Untersuchung besonders wichtig. Bedeutsam ist auch, daß sich so die Auswirkung umweltpolitischer Maßnahmen messen läßt. Daß Verbote etwas bewirken, zeigten Untersuchungen von Fichtentrieben und menschlichem Blut: Das „Benzin-Blei-Gesetz“ von 1984 führte tatsächlich zu einem Rückgang des Bleigehalts um nahezu 50 Prozent in den Proben. lieb
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