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Charles Perry: „Portrait eines Ertrinkenden“ (1962)

An allem Schuld ist wie immer die Mutter. Sie liebt das radikal aus subjektivistischer Perspektive erzählende Ich namens Harold Odum nur, wenn Dad mal wieder abgehauen ist. Dann aber mit double-bindiger widerwärtiger Gefräßigkeit. Das verdirbt dem Jungen die Lust am Sex. Was bleibt, ist die am Mord. Kein Wunder, dass er Erfolg erntet als Profikiller der Mafia. Sympathisch bleibt er dem Leser trotzdem, weil er frei nach Faust ewig sehnend strebt. Auch Harold macht gerade die Häufung von Unglück heldenhaft stark, cool, innerlich autonom, faszinierend. An seinem Untergang ändert das nichts. Weil Unglück im Kapitalismus mit restriktiven Familienstrukturen nicht immer schwarz ist, siedelt der Romanautor, er war Radio-DJ, Maler, Jazzer, Theaterautor, die Handlung in einem weißen Underdog-Milieu an.

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