: Chaostage in Hamburg?
■ Anfang September soll es rundgehen / Besuche bei mehreren „Sponsoren“ angekündigt / „Hannover war erst der Anfang“ Von Sven-Michael Veit
Das kann ja heiter werden: „9 tolle Chaostage in Hamburg“ hat gestern die „Anarchistische Pogopartei Hamburg“ angekündigt. Vom 2. bis 11. September solle „Hamburg eine neue Dimension des Auslebens von Gefühlen“ erleben, heißt es in einem Schreiben, das gestern der taz hamburg zugespielt wurde.
Darin kündigt das „Festkomitee der Pogopartei“ an, in mehreren Stadtteilen Hamburgs eine „große Chaosfete“ veranstalten zu wollen. Hannover, so verkündet das Schreiben „war erst der Anfang“. Dort war es vom 3. bis zum 5. August zu den schwersten Punk-Krawallen seit 10 Jahren gekommen. Bei den ersten „Chaostagen“ seit 1984 waren mehr als 1000 Punks aus dem gesamten Bundesgebiet einem „Aufruf gegen Polizei und Bonzen“ gefolgt, die niedersächsische Landeshauptstadt „in Schutt und Asche zu legen“.
Was ihnen auch beinahe gelang: In der Innenstadt wurden Fensterscheiben eingeworfen, Autos in Brand gesteckt und Passanten bedroht. Etwa 20 Punks und ebenso viele Polizisten wurden während der Krawalle zum Teil schwer verletzt, mehr als 600 Punks vorübergehend festgenommen. Auf Flugblättern wurde eine Wiederholung der Chaostage in anderen Städten angekündigt.
Beim Lagedienst der Hamburger Polizei zeigte man sich gestern uninformiert: „Davon ist uns noch nichts bekannt“, erklärte ein Sprecher auf Anfrage. Man nehme diese Ankündigung aber ernst und werde der Sache selbstverständlich nachgehen.
In dem der taz vorliegenden Schreiben werden ausdrücklich „diverse Sponsoren“ genannt, die sich „erfreulicherweise bereitgefunden haben, die Chaostage mit Geld, Verpflegung usw.“ zu unterstützen. Namentlich genannt werden als „Sponsoren für Lebensmittelpakete“ mehrere Kaufhäuser in der Mönckebergstraße sowie als „Sponsoren für Bier“ zwei Hamburger Brauereien. Die „Beschaffungsgruppen zum Besuch genannter Sponsoren“ würden vor Ort zusammengestellt, heißt es in dem Schreiben.
Eine Umfrage gestern nachmittag am Punker-Treff S-Bahn Sternschanze fiel negativ aus. Niemand wollte etwas von dem Termin wissen. Allerdings waren die Angesprochenen von der Aussicht, es könnte Chaostage geben, durchweg entzückt. „Schreib das mal, das wird schon stimmen“, sagte ein junger Mann, der bisher lediglich etwas von „Chaostagen in Langenhorn“ gehört hatte. Der örtliche „Hinz & Kunzt“-Verkäufer wußte ebenfalls nichts, nutzte aber die Gelegenheit, um ein anderes Datum zu nennen: Am 22. September sei Tag der Obdachlosen, „das ist auch wichtig“.
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