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Caritas-Beratung im Fegefeuer

■ Katholische Schwangerschaftsberatung arbeitet nach bischöflichen Richtlinien. Senatsverwaltung für Soziales verlangt gesetzeskonformes Verhalten. Bündnisgrüne fordern Streichung der Landeszuschüsse

Der brandenburgische Konflikt um die Schwangerschaftsberatung bei Caritas-Beratungsstellen hat sich jetzt auch auf Berlin ausgeweitet. Die Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales hat die Caritas aufgefordert, sich bei der Beratung in den sechs Caritas-Einrichtungen „gesetzeskonform“ zu verhalten. Zugleich wird geprüft, ob die „Vorläufigen Bischöflichen Richtlinien für katholische Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen“ den bundesrechtlichen Regelungen entsprechen.

In den umstrittenen Regelungen werden Caritas-Mitarbeiterinnen angehalten, ratsuchende Frauen zur Fortsetzung der Schwangerschaft zu ermutigen. Katholische Beratungsstellen müssen nach diesen internen Anweisungen ein Gespräch ablehnen, wenn eine Beratung aus „Zeitdruck“ nicht möglich ist, wenn die Frau sich also möglicherweise schon in der 10. oder 11. Schwangerschaftswoche befindet. Einer Frau kann ein Beratungsnachweis sogar verweigert werden, wenn sie sich nicht auf die Beratung einläßt, so wie es die Caritas-Richtlinien vorschreiben. Außerdem darf die Schwangere der Richtlinie zufolge gegenüber der Beratungsstelle nicht anonym bleiben. Dagegen sieht das Bundesgesetz ausdrücklich eine anonyme Beratung vor.

Für Bernd Köppl, gesundheitspolitischer Sprecher der bündnisgrünen Fraktion, widersprechen die Richtlinien dem bundesrechtlichen Schwangeren- und Familienhilfeänderungsgesetz, in dem es heißt, daß eine Beratung „ergebnisoffen“ zu führen ist. Köppl fordert die Gesundheitsverwaltung deshalb auf, die jährlichen Zuschüsse von rund 200.000 Mark zu streichen. Die Rechtsgrundlage für die Zahlung aus dem Landeshaushalt könnte entfalle, weil die Caritas aufgrund ihrer Richtlinien den Beratungsauftrag außerhalb des Bundesgesetzes vollziehe, so Köppl. Die Caritas weist die Vorwürfe zurück. Die Bischöflichen Richtlinien würden bis ins Detail befolgt, bestätigt eine Caritas- Sprecherin, jedoch seien diese absolut gesetzeskonform. Denn, so die Begründung, eine Beratung sei in jedem Falle „ergebnisoffen“. Das dieser entscheidene Punkt nicht in den Richtlinien erwähnt ist, sei nicht weiter wichtig, weil alle Caritas-Mitarbeiterinnen „eine ergebinsoffene Beratung voraussetzen“. Bisher sei keiner Frau eine Beratungsbescheinigung verweigert worden. Ein ausführliches Gespräch mit der Caritas-Leitung stehe, so die Sprecherin der Gesundheitsverwaltung, Gabriele Lukas, noch aus. Bernd Köppl wirft der Gesundheitssenatorin Beate Hübner (CDU) jedoch vor, „dem Konflikt aus dem Weg zu gehen“. Er fordert ähnlich drastische Maßnahmen wie die brandenburgische Sozialministerin Regine Hildebrandt (SPD), die der Caritas ein – mittlerweile ausgesetztes – Ultimatum gestellt hatte, die Richtlinien zurückzunehmen: „Wenn die Caritas-Beratungen weiter öffentlich finanziert werden, werden wir den Rechnungshof einschalten.“ Dieser solle die Verwendung der Mittel überprüfen. Julia Naumann

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