CO2-Emissionen in Deutschland: Schlechter Klimaschutz ist teuer
Alle sorgen sich um die Kosten der Energiewende und des Kohleausstiegs. Wenn Deutschland aber die Klimaziele verpasst, kostet das Milliarden.
Die „Kohle-Kommission“ der Bundesregierung wird am Dienstag wieder darüber diskutieren, mit welchen Milliardensummen der Strukturwandel in den Kohleregionen abgefedert werden soll. Richtig teuer aber kann es für die Steuerzahler laut einer aktuellen Untersuchung werden, wenn der Bund weiterhin nichts bewegt bei den CO2-Emissionen durch Autos, ineffiziente Heizungen und Gülle in der Landwirtschaft.
Davor zumindest warnt die Studie „Kosten von unterlassenem Klimaschutz für den Bundeshaushalt“, die die Denkfabriken „Agora Verkehrswende“ und „Agora Energiewende“ am Montag veröffentlicht haben. Bereits für 2021 kommen demnach zwischen 600 Millionen und 1,2 Milliarden Euro Mehrkosten auf den Bundeshaushalt zu, weil Deutschland seine EU-Klimaziele nicht erreicht. Die Untersuchung warnt vor einem „ernsten Risiko für den Bundeshaushalt“: Fehlender Ehrgeiz beim Klimaschutz könne die Staatskasse zwischen 2021 und 2030 mit insgesamt 30 bis 60 Milliarden Euro belasten.
Der Hintergrund: In der EU sind etwa 40 Prozent der CO2-Emissionen durch den Emissionshandel abgedeckt, bei dem Kraftwerke und Industriebetriebe Zertifikate für ihre Emissionen kaufen und handeln. Der Rest der Emissionen, die vor allem aus Verkehr, Gebäuden und der Landwirtschaft stammen, müssen laut EU-Beschluss ebenfalls reduziert werden.
In Deutschland ist das Ziel für 2020 ein Minus von 14 Prozent, bis 2030 sind es sogar minus 38 Prozent. Bisher hat Deutschland nur minus 3 Prozent erreicht. Selbst bei einem „optimistischen Szenario“ gehen die Experten der Agora davon aus, dass Deutschland bis 2030 in diesen Bereichen insgesamt 616 Millionen Tonnen CO2 mehr emittiert als erlaubt. Eine „deutliche Zielverfehlung“ zeichne sich ab, „sofern nicht durch sehr entschiedene Klimaschutzmaßnahmen gegengesteuert wird. Dies ist derzeit nicht erkennbar.“
Jährliche Mehrausgaben in Milliardenhöhe
Für diese Lücke müssen die Staaten CO2-Zertifikate von anderen Ländern besorgen. Dafür rechnet die Studie mit jährlichen Mehrausgaben in Milliardenhöhe. Als Gegenmittel schlagen die Experten vor, verstärkt in Klimaschutz bei Verkehr, Bauen und Landwirtschaft zu investieren – das schaffe Arbeitsplätze und Wertschöpfung und schone die Atmosphäre.
Außerdem werde die Rechnung höher, wenn Berlin in Brüssel etwa ehrgeizige Verbrauchsziele für Pkw blockiere, die derzeit debattiert werden. Würden die Autobauer nicht durch EU-Grenzwerte zum Spritsparen gezwungen, zahle der Fiskus später die Zeche für den höheren CO2-Ausstoß.
Ein Sprecher des Finanzministeriums verwies auf Anfrage der taz an das zuständige Umweltministerium. Dort heißt es, solche „Voraussagen lassen sich nicht seriös beziffern“. Allerdings ist den Planern klar, dass „Versäumnisse im Klimabereich“ durch den Kauf von Zertifikaten ausgeglichen werden müssen. „Uns wäre es lieber, das Geld in Klimaschutz und Modernisierung der Infrastruktur bei uns zu investieren.“
Die Haushälter sind gewarnt. Im Frühsommer hatte das Öko-Institut bereits auf die drohende Rechnung wegen mangelnden Klimaschutzes hingewiesen. Allerdings fiel die Rechnung niedriger aus, weil die Annahmen zur Klimapolitik optimistischer waren. Doch auch diese Studie warnte vor Mehrkosten für den Bund in Höhe von 5 bis 30 Milliarden Euro bis 2030.
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