: CDU will auf die Straße
■ Mit Nölle auf Bürgerkurs / Keine Koalition mehr
„Wir haben nicht mehr die Absicht, in einen wie auch immer gearteten Senat einzusteigen.“ Mit diesen Worten kündigte der Bremer CDU-Chef Bernd Neumann gestern öffentlich alle vorherigen Koalitionsangebote seiner Partei für die laufende Legislaturperiode. Stattdessen will sich die CDU mit ihrem frischgekürten Spitzenkandidaten Ulrich Nölle als Opposition auf den kommenden Bürgerschaftswahlkampf vorbereiten. Als Wahlkampfthemen hat sich die CDU auf ihrer Fraktionsklausur am Wochenende in Visselhövede die Sicherung von Arbeitsplätzen sowie Verkehrspolitik und innere Sicherheit ausgesucht, erklärte der alte und neue Fraktionschef Peter Kudella.
Ziel der CDU sei es, bei den Bürgerschaftswahlen 1995 stärkste Partei zu werden und mit Ulrich Nölle den nächsten Bürgermeister zu stellen. Das „Modell Nölle“, eine Kombination aus ziviler Berufstätigkeit und professionellem Politikertum, „hat in der Bevölkerung immer noch große Sympathien“, meinte der CDU- Chef.
Wahlkampf üben kann die CDU bei den beiden der Bürgerschaftswahl vorangehenden Wahlen zum Europaparlament (Juni 1994) und zum Deutschen Bundestag (Oktober 1994). Als Europa-Kandidaten hat die CDU den Fraktionsvize und Haushhaltsexperten Reinhard Metz nominiert. Die Kandidatur für die beiden Bundestagssitze ist noch nicht endgültig entschieden. Bernd Neumann wird den ersten Platz besetzen, um den zweiten Platz muß sich Günter Klein möglicherweise mit dem Bremerhavener CDU-Abgeordneten Michael Teiser streiten.
Als neue politische Strategie will die CDU-Fraktion künftig „mehr raus aus dem CDU-Haus und näher zu den Bürgern“, kündigte Peter Kudella an. Die CDU will zwei ihrer Fraktionsausschüsse auflösen (Jugend & Sport, Häfen in Bremerhaven) und stattdessen mehr mit Vereinen und Verbänden sprechen.
Kudella erklärte sich auch für die komplette Wiederwahl des CDU- Fraktionsvorstands am vergangenen Wochenende verantwortlich (die taz berichtete). „Ich habe allen gesagt: Ich möchte jetzt keine Veränderungen haben.“ Damit habe er zwar „dem einen oder anderen auf die Füße getreten“, daß sei aber eben nicht zu ändern. Von dreißig stimmberechtigten Fraktionsmitgliedern erhielt Kudella 17 Stimmen, die Vizechefs Metz 20, Motschmann 17 und Teiser 24. Als parlamentarischer Geschäftsführer erhielt Helmut Pflugradt 18 Stimmen.
Die erwarteten Ausführungen über eine neue Wahlumfrage gab es gestern nicht. „Die Aussagen entstammen Material der Bundespartei und sind auf Bremen bezogen nicht repräsentativ“, erklärte Parteichef Neumann dazu. mad
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