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CDU-General gegen Stalin-Zitate

CDU-Generalsekretär Lawrentz stört sich an den Stalin-Losungen an zwei sowjetischen Ehrenmälern. Doch die Denkmalpfleger widersprechen beharrlich: Erhalt ist historisch sinnvoll  ■ Von Severin Weiland

Die Stalin-Inschriften an den sowjetischen Ehrenmälern in der Schönholzer Heide in Pankow und in Treptow sind dem CDU-Generalsekretär Gerhard Lawrentz ein Quell ständigen Ärgers. „Sie zu entfernen wäre ein Akt der Entstalinisierung, wie es bei ähnlichen Denkmälern in anderen Ländern Osteuropas bereits geschehen ist.“ Der im Frühjahr ins Amt gewählte Generalsekretär des Landesverbandes schlägt vor, mit der russischen Seite über eine „Überarbeitung“ der Denkmäler zu sprechen. Zumindest die „schlimmsten Auswüchse“ müßten beseitigt werden. Ihm sei klar, daß die Denkmäler ein „sensibles Thema“ darstellten. Trotz ihrer „eindeutig stalinistischen Ikonographie“ seien die Stätten zum Teil auch Kriegsgräber und erinnerten an die großen Opfer, die die Sowjetunion im Kampf gegen Nazi-Deutschland gebracht habe.

Für den Erhalt der sowjetischen Ehrenmäler der Roten Armee auf dem Gebiet der ehemaligen DDR hatte sich die Bundesrepublik im deutsch-sowjetischen Freundschaftsvertrag von 1990 verpflichtet. Zu den wichtigsten zählen die drei Anlagen in Tiergarten, Treptow und der Schönholzer Heide in Pankow, unter deren Erde auch Tausende von sowjetischen Soldaten begraben liegen, die im Frühjahr 1945 bei der Eroberung Berlins getötet wurden.

Über Lawrentz Vorschlag schütteln die Denkmalpfleger den Kopf. Nach Ansicht des stellvertretenden Landeskonservators Klaus von Krosigk schließt der vertraglich zugesicherte Erhalt der Anlage auch die Stalin-Zitate mit ein. „Es ist nicht die Aufgabe der Denkmalpflege, nach positiven und negativen Aspekten der Geschichte zu sortieren.“

Die sowjetischen Denkmäler sind manchen Zeitgenossen seit langem ein Ärgernis. Immer wieder wird mit ästhetischen und historischen Argumenten versucht, die Anlagen zu schleifen. Die Bezirksverordnetenversammlung in Tiergarten habe vor längerer Zeit angefragt, ob die beiden T-34- Panzer vor dem Siegerdenkmal an der Straße des 17. Juni nicht beseitigt werden könnten, erinnert sich von Krosigk. „Einigen Verordneten waren die Panzer zu martialisch.“

Lawrentz hingegen wirft der Denkmalpflege vor, zweierlei Maß an den Erhalt historischer Stätten anzulegen. Wenn schon einem „konsequenten Denkmalschutz“ das Wort geredet werde, dann müßten neben Stalin-Zitaten auch ebenso umstrittene NS-Symbole erhalten bleiben. Eine Argumentation, die der stellvertretende Landeskonservator von Krosigk nicht nachvollziehen kann. Seit rund zehn Jahren habe sich in der Denkmalpflege die Erkenntnis durchgesetzt, historisch umstrittene Stätten zu erhalten. Beispielhaft sei der Erhalt der in der NS- Zeit gebauten Botschaften Italiens und Spaniens im Tiergarten. Bewußt habe man an beiden Gebäuden die damaligen „Symbole der Herrschaft“ erhalten: „Es geht doch auch darum, den Enkeln und Kindern zu zeigen, wie im Nationalsozialismus gebaut wurde.“ Und keinen anderen Stellenwert mißt die Denkmalpflege den kritisierten Stalin-Zitaten zu.

Deren Erhalt, widerspricht von Krosigk dem Ansinnen des CDU- Generalsekretärs Gerhard Lawrentz, sei ein weitaus wirkungsvollerer „Beitrag zur Diskussion über den Stalinismus“, als mit Hammer und Meißel eilfertig die Propagandalosungen zu entfernen.

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