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CDU-Frankes DDR-Connection

■ „Sicherheitsbedenken“ gegen Klaus Franke (CDU) reichen bis in die fünfziger Jahre zurück / CDU-Bundestagsabgeordneter lief 1954 in die DDR über / Was weiß Klaus Franke davon? / Ein Kriegskamerad pflegte Kontakte zu dem „Hochverräter“ und DDR-Karrieristen

Nicht nur die langjährige Freundschaft zum ehemaligen KGB -Agenten Sütterlin veranlaßte den Westberliner Verfassungsschutz und seinen obersten Dienstherrn, Innensenator Pätzold, Sicherheitsbedenken gegen den CDU -Politiker Klaus Franke geltend zu machen. Wie die taz aus seriösen Quellen erfuhr, spielt auch der ominöse Fall eines früheren CDU-Bundestagsabgeordneten, Karlfranz Schmidt -Wittmack, der die BRD 1954 in Richtung DDR auf Nimmerwiedersehen verließ, eine bedeutende Rolle. Franke hatte vergangene Woche den Vorsitz im parlamentarischen Ausschuß zur Kontrolle des Verfassungsschutzes niedergelegt, weil er nach eigenen Angaben die „Arbeitsfähigkeit des Ausschusses nicht gefährden wollte“.

Auf Anfrage hielt er es für vorstellbar, daß der Verfassungsschutz ihn mit dem Überläufer Schmidt-Wittmack in Verbindung bringe. Der 1914 geborene Schmidt-Wittmack war Mitglied der NSDAP und nach dem Kriege in Hamburg nur deshalb CDU-Mitglied geworden, weil es, so ein Parteifreund damals, „weiter rechts keine Partei gab“. In der Hansestadt wurde der Kohlenhändler 1946 Vorsitzender der Jungen Union, 1947 stellvertretender CDU-Landesvorsitzender, dann Mitglied der Hamburger Bürgerschaft, um 1953 schließlich den Sprung in den zweiten Deutschen Bundestag zu schaffen. Dort brachte er es gleich zur Mitgliedschaft in zwei sensiblen Parlamentsausschüssen, dem für europäische Sicherheit und dem für gesamtdeutsche Fragen. Nach Aussagen von Geheimdienstexperten wurde Schmidt-Wittmack spätestens 1952 als „Einflußagent“ geworben und im August 1954 „regelrecht abberufen“, um die Verträge für die Europäische Verteidigungsgemeinschaft zu Fall zu bringen und Adenauers Politik zu torpedieren. Offiziell suchte er um politisches Asyl nach. Seine Verdienste honorierte die DDR dann mit einer angemessenen Karriere: Schmidt-Wittmack wurde Vizepräsident der Kammer für Außenhandel der DDR, bekleidete mehrere hochrangige Posten in der Ost-CDU und erhielt 1984 die Ehrenspange zum vaterländischen Verdienstorden der DDR. Im Oktober 1987 starb der „Unionsfreund“ (DDR-Jargon), gegen den einst in der Bundesrepublik ein Verfahren wegen Hochverrats anhängig war, in Woltersdorf bei Erkner.

Klaus Franke, der früher selbst für britische und amerikanische Dienststellen sowie bis 1961 für den Verfassungsschutz tätig war, betonte auf Nachfrage, daß ihm Schmidt-Wittmack persönlich nicht bekannt gewesen sei. „Ich habe ihn auch nie gesehen“, beteuerte der Abgeordnete. Er könne sich jedoch daran erinnern, daß er damals den Militärischen Abschirmdienst (MAD) darauf aufmerksam gemacht habe, daß ein ehemaliger Kriegskamerad, der in einem sicherheitsrelevanten Bereich der Bundesmarine arbeiten sollte, Kontakte zu Schmidt-Wittmack auch nach dessen Übertritt in die DDR unterhielt. In dieser Sache sei er zur damaligen Zeit auch in Hannover vernommen worden.

Franke selber will jetzt auf schnelle Klärung der „Sicherheitsbedenken“ drängen. Den Alliierten lag die Angelegenheit bereits zur Überprüfung vor. Sie mochten ebensowenig wie die Innenverwaltung Stellung nehmen. Nach Angaben des SPD-Sicherheitsexperten Lorenz soll sich der Ausschuß für Verfassungsschutz am Freitag damit befassen.

Benedict M. Mülder

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