: CDU-Finanzierung am Roulettetisch
■ CDU in Niedersachsen gab Zustimmung zum Spielbankgesetz nur wegen Aussicht auf Bar-Cash / Oberverwaltungsgericht liegen Ergebnisse eines Spielbank-Untersuchungsausschusses vor
CDU-Finanzierung am Roulettetisch
CDU in Niedersachsen gab Zustimmung zum Spielbankgesetz nur wegen Aussicht auf Bar-Cash / Oberverwaltungsgericht liegen Ergebnisse eines Spielbank-Untersuchungsausschusses vor
Aus Hannover Jürgen Voges
Der „Großgastronom“ im Ruhestand, Rudolf Kalweit, ist heute 81 Jahre alt und er kann sich „nur wundern, daß die Angelegenheit nicht schon damals durch die Prozesse in die Presse kam, sondern erst jetzt durch den Spielbank -Untersuchungsausschuß“. Die „Angelegenheit“, das ist die Geschichte, wie sich Anfang der Siebziger Jahre die niedersächsische CDU ihre Zustimmung zum niedersächsischen Spielbankgesetz gegen Aussicht auf Bares für die Parteikasse abkaufen ließ. Rudolf Kalweit, der am Mittwoch dem Spielbank -Untersuchungsausschuß des Landtages „dies alles mit den Veträgen belegen“ will, spielt darin die Rolle des betrogenen Betrügers, der am Ende auch noch vor Gericht zieht.
Die für die CDU brisanten Schriftsätze aus diesem Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht, mit dem Kalweit und seine beiden Mitgesellschafter die Erteilung einer Spielbank -Konzession doch noch gerichtlich erzwingen wollte, sind jetzt über den Spielbank-Untersuchungsausschuß öffentlich zugänglich geworden. Am 12.Februar 1971 haben demnach Rudolf Kalweit und seine beiden Mitgesellschafter Otto Welsch und Fritz Harenberg, die damals fest mit einer Spielbank -Konzession rechneten, mit dem CDU-Strohmann Laszlo Maria Rath einen Vertrag abgeschlossen, „wonach Herr Rath und damit die CDU eine Gewinnbeteiligung von 25 Prozent und ein Stimmrecht von 50 Prozent“ an der geplanten Spielbank erhalten sollten. Durch diese „Abführung von 25 Prozent des erwarteten Gewinns“ wollte die Gruppe sicherstellen, „daß das Spielbankgesetz verabschiedet wurde“, heißt es in dem Schriftsatz an das Oberverwaltungsgericht und weiter: „Die CDU stimmte dann im niedersächsischen Landtag dem Spielbankgesetz nur zu, weil sie zuvor ihre Beteiligung an den Gewinnen über Herrn Rath sichergestellt hatte.“
Nach Darstellung von Kalweit und seinen Mitgesellschaftern hatte der damalige SPD-Innenminister Lehners die Konzessionsbewerber persönlich aufgefordert, durch „Kontakte zur CDU die Mehrheit im Landtag für das Spielbankgesetz sicherzustellen“, dem einzelne Abgeordnete der damaligen SPD/FDP-Koalition die Zustimmung verweigerten. Nachdem das Gesetz durch war, hatte der SPD-Minister allerdings wenig Neigung, Spielbank-Gewinne in die CDU-Parteikasse zu leiten. Bei der Konzessionsvergabe durch Lehners gingen Kalweit und seine beiden Mitgesellschafter leer aus und ihr Versuch, die mündlichen Konzessionszusagen des Ministers vor dem OVG einzuklagen, scheiterte.
Die niedersächsische CDU distanziert sich jetzt erstmals von ihrem Strohmann Rath. Der heutige Staatssekretär im Innenministerium, Dieter Haaßengier, der 1972 als Generalsekretär der Landes-CDU maßgeblich den Spielbank-Coup einfädelte, sagte, Rath habe sich damals höchstens fälschlicherweise als CDU-Beauftragter ausgegeben. Dies scheint wenig glaubhaft. Der heute in Florida lebende Rath war nicht nur 1967 Wahlkampfberater der CDU, er gründete auch im November 1974 zusammen mit dem CDU -Landesvorsitzenden Hasselmann und dem heutigen Umweltminister Remmers die „FSG Informationsdienst GmbH“, deren Geschäftsführer der damalige CDU-Schatzmeister Ernst Albrecht wurde. Ziel dieser Spendengesellschaft: Herausgabe des Wirtschafts-Informationsdienstes. Schließlich hat Rath selbst inzwischen in seinem Domizil in Florida gegenüber dem Niedersächsischen Privatradio FFN per eidesstaatlicher Erklärung den Spielbank-Deal bestätigt: „Ich habe im Auftrag der CDU Niedersachsen mit der Bewerbergruppe um Rudolf Kalweit verhandelt, und gesagt, daß die Verabschiedung des Spielbankgesetzes durch Abgeordnete der CDU nur sichergestellt werden kann, wenn der 25prozentige Anteil abgetreten wird“, heißt es dort klipp und klar. Als Hauptperson auf Seiten der CDU benennt Rath den damaligen Generalsekretär Haaßengier. Der geleimte Spielbank -Konzessionär Rudolf Kalweit kann noch weitere Verbindungen mit der CDU-Spitze belegen. Er verfügt über ein Schreiben von Hasselmann, in dem dieser bestätigt, daß Strohmann Rath „ein diffiziles Problem, das unsere Partei in Niedersachsen beschäftigt“, vorzutragen habe. Vor Vertragsabschluß habe auch der spätere Ministerpräsident persönlich sein Placet zu dem Strohmann-Deal gegeben.
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