: Buße statt Strafe?
■ Senat will Gerichte entlasten / Schwarzfahren könnte teuer werden
Schwarzfahrer sollen nach dem Willen des Senats entkriminalisiert werden. Mit einer gestern beschlossenen Gesetzesinitiative im Bundesrat will die rotgraue Stadtregierung erreichen, daß „Fahrgeldhinterziehung“ künftig nicht mehr als Straftatbestand gewertet wird und auch im Wiederholungsfall als Ordnungswidrigkeit eingestuft wird. Gleichzeitig sollen die Bußgelder auch für einmaliges Schwarzfahren (derzeit 60 Mark) drastisch erhöht werden.
Im vergangenen Jahr sind in Hamburg rund 13.000 Verfahren gegen „Schwarzfahrer“ angestrengt wurden, von denen etwa zwei Drittel wegen Geringfügigkeit eingestellt wurden, sagte ein Sprecher der Justizbehörde. Das Bagatelldelikt habe Ermittlungsbehörden und Gerichte damit erheblich belastet. Vor diesem Hintergrund erscheine eine Sanktionierung des Tatbestandes nach dem „im Ordnungswidrigkeitenrecht geltenden Opportunitätsprinzip sachgerechter“. Dabei seien Bußgelder bis zu 1000 Mark möglich.
„Durch diese hamburgisches Gesetzesinitiative werden potentielle Schwarzfahrer nicht ermuntert, ihr Fahrgeld nicht zu entrichten“, meinte Justizsenator Klaus Hardraht (parteilos). Fahrgeldhinterziehung sei aber kein „kriminelles Unrecht“ und berge anders als bei „Ampelsündern“ kein gesellschaftliches Gefährdungspotential. In der früheren DDR, so der Senator, sei die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel ohne Fahrschein immer eine Ordnungswidrigkeit gewesen.
Beim Hamburger Verkehrsverbund (HVV) traf der Senatsbeschluß nicht gerade auf begeisterte Zustimmung. Er befürchtet, daß die Entkriminalisierung der Schwarzfahrer die Bus- und Bahnkunden allzusehr enthemmt. Schon im vergangenen Jahr, so hat der HVV hochgerechnet, soll es rund 10 Millionen Schwarzfahrten gegeben haben, von denen nur rund 200.000 in den Armen der 130 HVV-Kontrolleure endeten. lno/taz
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