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Business as usual

■ Ungarns Privat-TV sollte viel Kultur zeigen. Nun startete es - so kommerziell wie überall

Budapest (taz) – Mit dem Frühstücksprogramm „Guten Morgen, Ungarn!“ begann am Samstag um 6 Uhr früh die Ära des Privat-fernsehens in Ungarn. Der Kommerzsender TV2, an dem neben Skandinaviens SBS, den US-Weltkonzernen Disney und Viacom auch die deutsche Tele-München des Filmhändlers Herbert Kloiber beteiligt ist (RTL 2, TM 3), ist der erste landesweite Privatsender über Antenne. Am morgigen Dienstag folgt ihr als zweiter Privatkanal RTL Klub, der ungarische Ableger der deutsch-luxemburgischen Bertelsmann-Tochter CLT-Ufa. Damit sind drei der fünf größten Medienkonzerne der Welt auf dem ungarischen Markt vertreten. Kein Wunder: Denn der gilt als der lukrativste in Osteuropa. Schon heute wird der TV-Werbemarkt mit einem Volumen von 350 Millionen Markt beziffert.

Sieben Jahre nach der Wende können die Ungarn nun aus einem erweiterten Sortiment an Soaps und Serien, Talkshows und B-Movies wählen. Eine grundlegend neue Erfahrung bedeutet das für sie nicht: Satellitenschüsseln und umtriebige Kabelnetzbetreiber haben ihnen schon längst westliche Kommerzprogramme ins Wohnzimmer geliefert, außerdem sank das staatliche TV mit seinen zwei Programmen inzwischen längst auf Kommerzniveau.

Dessen permanente Finanz- Krise hatte dazu geführt, daß niveauvolle Informationsprogramme drastisch weggestutzt wurden und die Werbezeiten krebsgeschwürartig auswucherten – all dies in krasser Verletzung des Anfang 1996 in Kraft getretenen Mediengesetzes. Mit dem Erscheinen des Privatfernsehens entsteht nun eine absurde Situation. Die neuen Privaten müssen sich nach dem Mediengesetz an eine Reihe von Vorgaben halten: Ein Mindestmaß an Sendungen öffentlich- rechtlichen Charakters mit viel ungarischer Kultur schrieben die Väter des Mediengesetzes ebenso vor wie Mindestanteile für europäische Filme – die Werbezeiten dagegen sind limitiert. Die Lizenzgebühren – die Betreiber von TV2 hatten allein für die Erlangung der Sendeerlaubnis 84 Millionen Mark gezahlt – sollen zum Teil an die drei Programme des maroden staatlichen Fernsehens gehen – so daß dieses es sich wieder „leisten“ kann, die Bestimmungen des Mediengesetzes einzuhalten.

So sieht es zumindest in der Theorie aus. Doch schon die Umstände der Auswahl der beiden privaten Sendeanstalten lassen Zweifel aufkommen. In einer öffentlichen Ausschreibung hatten sich das TV-2-Konsortium und die CLT-Ufa, die sich mit dem Telefonmonopolisten Matav zusammengetan hatte, gegen die US- amerikanische CME durchgesetzt, obwohl die in Osteuropa höchst erfolgreiche Medienbeteiligungsgesellschaft viel mehr Geld für die Lizenz geboten hatten. Eine CME- Klage gegen die Entscheidung war in den vergangenen Monaten gescheitert.

In dem aus Parteidelegierten zusammengesetzten Ausschreibungskuratorium hatten sich die regierenden Sozialisten (MSZP) mit den Vertretern der rechten und der nationalistischen Parteien verbündet, um die Amerikaner auszuschalten, zu denen die mitregierenden Freidemokraten (SZDSZ) die meiste Affinität aufbrachten. Die fragwürdige Entscheidung, die rasch in den Ruch politischer Kungelei geriet, wurde schließlich damit begründet, daß die beiden anderen Bewerber weit mehr Programme öffentlich-rechtlichen Charakters senden wollten, als das Mediengesetz eigentlich vorschreibt.

Doch genau davon möchten die Sieger drei Monate später nichts mehr wissen. Ein Blick in die Programmschemata zeigt das. Diese seien gegenüber den im Ausschreibungsverfahren vorgelegten „nicht wiederzuerkennen“, so das Wochenblatt HVG.Gerhard Mayer

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