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Bush beugt sich israelischem Druck

US-Präsident setzt den Dialog zwischen USA und PLO vorerst aus / American Jewish Committee und israelische Politiker begrüßen den amerikanischen Schritt / PLO und arabische Staaten üben heftige Kritik / Abbruch des Dialogs stärkt radikale Palästinenser  ■  Aus Tel Aviv Amos Wollin

Am Mittwoch hat US-Präsident Bush den seit eineinhalb Jahren in Tunis geführten Dialog zwischen den USA und Arafats Palästinensischer Befreiungsorganisation (PLO) vorerst abgebrochen. Der Präsident begründete die Aussetzung des Dialogs mit der Weigerung der PLO-Führung, den Angriff der Palästinensischen Befreiungsfront (PLF) vom 30. Mai auf einen Strand bei Tel Aviv entschieden zu verurteilen. Die PLO hatte sich allerdings von der PLF-Aktion von Anfang an distanziert. Auch PLF-Chef Abu el-Abbas hatte jegliche PLO -Beteiligung stets verneint.

Die Erklärung von Bush, er habe den US-PLO-Dialog abgebrochen, „obwohl er wisse, daß dies zu neuer Gewalt im Nahen Osten führen könne“, mutete indes merkwürdig an. Der US-amerikanische Präsident wies daher mit Nachdruck darauf hin, daß die Tür zu Gesprächen nun keineswegs zugeschlagen sei, sondern man die Verhandlungen „sofort wiederaufnehmen wird, sobald die PLO den Überfall eindeutig verurteilt“.

Ein hochrangiger PLO-Sprecher bezeichnete die US -Entscheidung als unverständlich und sprach von einem „unfreundlichen Akt, der dem Frieden schaden“ werde. Auch die Vermutung wurde laut, Bush habe sich lediglich dem vereinten Druck der neuen israelischen Rechts-Regierung von Schamir und der jüdischen US-Lobby gebeugt. Arafats Sicherheitsberater, Salah Chalaf, meinte enttäuscht, die Entscheidung blockiere die Friedensbemühungen und stärke „extremistische Kräfte im Nahen Osten“.

Chalafs Aussage trifft den Kern der Sache. Denn für Arafat

-und letztlich auch für das Ansehen von Ägyptens versöhnlichem Präsidenten Mubarak in der arabischen Welt war und ist ein erfolgreicher PLO-Dialog mit den USA eine Art Legitimation eines gemäßigten Kurses, der angesichts der veränderten politischen Lage in Israel ohnehin mehr und mehr auf scharfe Kritik stößt. Ins gleiche Horn stieß Klovis Maksud, Botschafter der Arabischen Liga bei den Vereinten Nationen, der die Aufkündigung des Dialogs als „einen ungerechtfertigten Rückschlag für den Friedensprozeß“ bezeichnete. Hilal von der PLO-Informationsabteilung sprach gar von einer „Provokation aller Araber“.

Gänzlich anderer Meinung zeigten sich freilich das American Jewish Committee (AJC) und Israels Ministerpräsident Schamir, die die US-Entscheidung überschwenglich begrüßten. Schamir bezeichnete Bushs Dialogunterbrechung, die „hoffentlich nicht zeitlich begrenzt ist“, als „wichtigen Schritt, der die israelisch-amerikanischen Beziehungen weiter verbessert und erleichtert“. Und Schamirs Sprecher Pazner fügte hinzu: „Nun wird es einfacher sein, mit den Palästinensern im Westjordanland und dem Gazastreifen zu reden, da die PLO nicht länger als Partner im Friedensprozeß angesehen wird.“

Netanjahu, der als stellvertretender Außenminister die Funktion des seit letzter Woche an einer leichten Herzattacke laborierenden Levy einnahm, meinte: „Israel kann nun endlich seine politische Maxime, die Gespräche mit Palästinensern vorsieht, die nicht der PLO angehören, weiterverfolgen.“ Auch Arbeiterparteichef Perez und sein Parteigenosse und Ex-Verteidigungsminister Rabin mochten mit ihrer Freude über die US-Entscheidung nicht hinter dem Berg halten.

Doch die US-Entscheidung, jede Einflußnahme auf das palästinensische Lager vorerst aufzugeben, könnte sich leicht als Pyrrhussieg erweisen. Denn zum einen wird sich, wie der gut informierte und der gemäßigten PLO angehörende Nabluser Geschäftsmann Said Kanaan darlegt, in den besetzten Gebieten niemand finden, der quasi als „PLO-Alternative“ mit Israelis oder Amerikanern verhandeln wird. Und zum anderen ist die Untergrabung von Jassir Arafats Position Wasser auf die Mühlen der palästinensischen Fundamentalistenbewegung „Hamas“. Ihr wenden sich ohnehin mehr und mehr von der maßvollen PLO Arafats enttäuschte Palästinenser zu.

Die Extremisten von Hamas und anderen radikalen Gruppierungen werden nun darauf verweisen, immer schon gewußt zu haben, daß eine politische Lösung des Palästina -Problems nicht möglich und jegliche Konzession an die israelische Seite schlicht sinnlos sei. Sie sind vielleicht die einzigen, die die US-Entscheidung als klaren Gewinn verbuchen können.

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