: Buntentor-Räumung war unrechtmäßig
■ Landgerichts-Beschluß: gegen vier Bewohnerinnen lag gar kein gültiger Räumungstitel vor
Die Räumung und der sofortige Abriß des Frauenprojekts im Buntentorsteinweg 372 am 13. September war unzulässig. Zu diesem Ergebnis ist das Bremer Landgericht in einem Beschluß vom 17.10. gekommen, den der Anwalt der betroffenen Frauen gestern öffentlich gemacht hat.
Da Räumung und Abriß allerdings bereits einen Monat vor dem Landgerichts-Beschluß erfolgt waren, haben die Richter der 2. Zivilkammer den Fall nur „nach billigem Ermessen“, das heißt ohne öffentliche Verhandlung und Anhörung von Zeugen entschieden. Direkte Wirkung hat der Beschluß nur noch für die Frage der Kosten des Rechtsstreits. Im Fall von vier der zehn Buntentorsteinweg-Bewohnerinnen, die Rechtsmittel gegen die die drohende Räumung eingelegt hatten, muß nun der Staat die gesamten Gerichts- und Anwaltskosten zahlen. Mit dem Landgerichts-Beschluß im Rücken wollen die ehemaligen Buntentor-Frauen nun allerdings auch Schadensersatz für ihr beim Abriß verschüttetes persönliches Eigentum einfordern.
Erfolgreich waren vor dem Landgericht vier Buntentor-Frauen, die bereits vor Ablauf des offiziellen Mietvertrages des Projekt-Vereins mit diesem Untermietverträge abgeschlossen hatten. Ihre Zimmer – und auch die von ihnen mitgenutzten Gemeinschaftsräume – hätten nicht mitgeräumt werden dürfen, als die Stadt den vom Landgericht bestätigten Räumungstitel gegen den Projekt-Verein umsetzte, erklärten die Richter. Denn mit ihren Untermietverträgen hatten die vier Frauen am 13. September ein nach wie vor gültiges Mietverhältnis, gegen das die Stadt erst eigene Räumungsurteile hätte erwirken müssen, bevor sie das gesamte Haus räumen und abreißen durfte.
Hätte das Landgericht diesen Beschluß rechtzeitig – das heißt vor dem 13. September – erlassen, hätte der Gerichtsvollzieher die Räumung des gesamten Frauenprojekts verweigern müssen, denn ihm wäre es nicht möglich gewesen, die Räume der vier Untermieterinnen und ihren Anteil an den Gemeinschaftsräumen exakt abzugrenzen. „Im Nachhinein bestätigt sich somit der Verdacht, daß der Senat mit der überstürzten Räumungsaktion dem prozessualen Fiasko zuvorkommen wollte“, heißt es in der Erklärung des Anwalts der Buntentor-Frauen, Gerhard Baisch.
Er bereitet nun eine Schadensersatz-Klage vor. Denn schließlich sind den Frauen beim Abriß ihres Wohnprojekts unersetzliche persönliche Papiere, Kleidung, Hausrat sowie die gesamte Einrichtung der „Volxküche“ abhanden gekommen. Außerdem muß der Staat nun womöglich auch für einen Teil der deutlich höheren Mietkosten aufkommen, die einige Frauen seit der Räumung zahlen müssen.
Als politische Folge des Landgerichts-Beschlusses erwartet Anwalt Baisch allerdings vor allem „daß die Stadtgemeinde dem Frauenprojekt – schon aus dem Gebot der Fairneß heraus – wieder ein geeignetes Haus zur Verfügung stellt“. Denn bis heute haben die Buntentor-Frauen keine neue Unterkunft für sich, die Werkstätten und die Volxküche gefunden. Ase
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen