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Bundesminister und Atomlobbyist

Mit Prof. Dr. Karl-Hans Laermann hat am 4. Februar ein sehr, sehr langjähriges Präsidiumsmitglied aus der Schaltzentrale der Atomlobbyisten, aus dem Deutschen Atomforum e. V. in Bonn, seinen Amtseid als Bundesminister geleistet und geschworen, Schaden vom deutschen Volke abzuwenden. Na denn!

Schon Hans-Dietrich Genscher war als amtierender Bundesinnenminister gleichzeitig Mitglied im Präsidium der Atomlobbyisten, von denen manches lobende Wort über den liebenden Präsidialkollegen Genscher dokumentiert ist; insbesondere nachdem das gigantische Brasiliengeschäft über acht Siemens-Atomkraftwerke und (mit Konsortialführer Siemens) über den kompletten Atombrennstoffkreislauf von der Urananreicherung bis zur Plutoniumfabrikation (Wiederaufarbeitung) unter Dach und Fach war. Der Abschluß dieses „größten deutschen Exportgeschäftes aller Zeiten“, das später ziemlich notleidend wurde, hatte nach damaligem Zeugnis eines sehr hohen Bonner Beamten „in den USA die Wirkung einer losgetretenen Mine“.

Im Präsidium der deutschen Atomlobbyisten sind mit Ausnahme von Bündnis 90/Die Grünen und PDS traditionsgemäß alle Bundestagsfraktionen, auch die SPD, durch einen ihrer vom Volke gewählten Abgeordneten vertreten. Ob deren Wähler das wissen und so gewollt haben? Der CDU- Bundestagsabgeordnete Christian Lenzer ist sogar Vize des Präsidenten Dr. Claus Berke, eines Siemens-Managers mit besonderen Erfahrungen auf dem Gebiet des Plutonium-Brüters.

Anders als Lenzer (CDU), Laermann (FDP) und Niggemeier (SPD) hat allein der CSU-Bundestagsabgeordnete Karl-Heinz Spilker den Mut, im Handbuch des Deutschen Bundestages seine Zugehörigkeit zum Präsidium der deutschen Atomlobbyisten zuzugeben. Möglicherweise geht er sogar davon aus, daß seine bayerische Klientel das von ihm nicht anders erwartet.

Davon, daß der neue Bundesbildungsminister Laermann Amt und Würden im Präsidium der Atomlobbyisten so schnell aufgegeben hätte, wie er die Hand zum offenbar sehr eiligen Ministerschwur hob, hat man nichts gehört oder gelesen.

Beim Atomlobbyisten-Präsidiumsmitglied Horst Niggemeier, MdB SPD, geht aus dem Handbuch des Bundestages auch nicht hervor, daß er außerdem Vorsitzender des Atomlobbyisten-Arbeitskreises „Öffentlichkeitsarbeit und Presse“ ist. Bemerkenswerterweise wird dieser für die Propagandaziele des Deutschen Atomforums besonders wichtige Arbeitskreis seit Jahrzehnten von SPD- Bundestagsabgeordneten geleitet. Von 1974 bis 1991 war das der SPD-Bundestagsabgeordnete Gerhard Flämig aus Hanau (Siemens-Jargon: „Unser Hausabgeordneter“). Von diesem Arbeitskreis wird auch der alljährliche, mit 10.000 Mark dotierte Journalistenpreis für Hofberichterstattung über die Atomindustrie „ausgeguckt“.

Über den CDU-Bundestagsabgeordneten Dr. Alexander Warrikoff, bis zu den Skandalen in Hanau Geschäftsführer der Plutoniumfabrik Alkem (heute voll in den Siemens-Konzern integriert), steht im Handbuch des Deutschen Bundestages: Geschäftsführer der GKD Gesellschaft für Kommunikations- und Datentechnik mbH/ Siemens AG, Offenbach am Main; Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Wirtschaftsverbandes Kernbrennstoffkreislauf e. V. und Vorsitzender des Verwaltungsrates der NVD – Nuklearer Versicherungsdienst GmbH. Warrikoff verschweigt, daß er im Deutschen Atomforum Mitglied des Arbeitskreises Recht und Verwaltung ist.

Unter den „öffentlichen Körperschaften“, die durch Mitgliedschaft ihre Sympathie mit den Zielen des Deutschen Atomforums und damit zum weiteren Ausbau der Atomindustrie bekunden, gibt es drei Länderministerien. Die beiden aus Bayern und Baden-Württemberg kann man zur Not noch verstehen. Bei dem aus Rheinland- Pfalz muß man sich seit dem Wahlsieg der SPD, der allerdings nur zu einer Koalition reichte, doch etwas wundern.

Bundesministerien gehören vorsichtigerweise nicht zu den Mitgliedern des Atomlobbyisten-Vereins. Aber im Bundesministerium für Forschung und Technologie gibt es einen sehr strebsamen Regierungsdirektor, der im Deutschen Atomforum e. V. gleich in einem Arbeitskreis und zwei Arbeitsgruppen fleißig mitarbeitet, deren eine sich mit der „Kernenergie im gesellschaftlichen Wandel“ befaßt. Derselbe Ministerialbeamte, S. Jacke, war es auch, der beim BMFT-Forschungsteam „Zukunft der Kernenergie“ zwei Jahre lang zusammen mit vielen Repräsentanten der Atomindustrie angestrengt überlegt hat, wie man die Akzeptanz der Atomenergie in der Öffentlichkeit wieder etwas aufpäppeln könnte. Ist das Aufgabe eines Ministers für Forschung und Technologie?

Was der Ministerialbeamte dann zusammen mit einem Siemens-Mann als Koautor (Gremm) in atomwirtschaft (Januar 1992) publizierte, läßt sich auf die einfache Quintessenz komprimieren: Mehr Propaganda für Atomsicherheit ist für die Akzeptanz wichtiger als mehr Sicherheit in der Technologie. Das erinnert doch sehr an die wenig später begonnene erste Anzeigenkampagne des Informationskreises Kernenergie über den „Reaktor für die Zukunft“. Der Werbetext über den Zukunftsreaktor von Siemens/Framatome triefte nur so von „Sicherheit“. Hans Grossmann,

Maintal bei Hanau

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