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Bundesmarine wirbt in Tokio mit Waffen

Auf der ersten Asien-Rundreise eines bundesdeutschen Marineverbandes präsentieren am Tag der deutschen Einheit vier Kriegsschiffe in Tokio Waffen und Marinetechnik aus Deutschland  ■ Aus Tokio André Kunz

Über die Toppen bunt beflaggt, liegen die Fregatten „Bayern“ und „Bremen“ sowie die Versorgungsschiffe „Rhön“ und „Glücksburg“ am Tag der deutschen Einheit am Harumi- Pier in der Tokioter Bucht. Der deutsche Botschafter Frank Elbe und der eigens eingeflogene Vizeadmiral Dirk Horten, Befehlshaber der deutschen Flotte, haben dreihundert Gäste auf die beiden Fregatten zum Empfang geladen. Die japanische Prominenz und die deutschen Geschäftsleute sind begeistert und spenden dem Shanty- singenden Marinechor tosenden Beifall. Ein sonderbarer Tag der deutschen Einheit zwischen Kriegsgeräten und der romantischen Silhouette der Regenbogenbrücke in der Tokioter Bucht.

Vizeadmiral Horten und seine Leute wollen die erste Asienreise eines deutschen Flottenverbandes und seiner 600 Mann Besatzung in erster Linie als Übung für die Mannschaft verkaufen. Zuletzt kreuzte vor zehn Jahren ein Schulschiff der Bundesmarine in dieser Weltregion. Die gemeinsame Vergangenheit Deutschlands und Japans als Verbündete im Zweiten Weltkrieg ist kein Thema.

Auch über die Erfahrungen im Hafen von Schanghai, dem ersten deutschen Marinebesuch in der Volksrepublik China seit der gewaltsamen Niederschlagung der Studentenbewegung 1989, und über den anschließenden Besuch im südkoreanischen Inchon ist nur wenig zu erfahren. „Die Gastgeber haben uns immer über die Vereinigung Deutschlands und insbesondere der Marine befragt“, sagte Kapitän Himstedt von der Fregatte „Bayern“ lediglich.

Die Diskussion über die Werbetour der Schiffe für deutsche Marinetechnik kam nicht so recht in Gang. Dabei glänzte der Prospekt zum Törn in Hochglanz und 13 deutsche Rüstungs- und Schiffbaukonzerne bieten darin ihre Produkte an. Von der Werft Abeking und Rasmussen über die Bremer Vulkan und Daimler-Benz Aerospace bis zu Thyssen kann in alphabetischer Reihenfolge nachgelesen werden, was Deutschland waffenhungrigen Asiaten auf See zu bieten hat. Beim Besuch in Tokio werden sie aber wohl nicht viel verkaufen können. Ein Leutnant des japanischen Zerstörers „Tachikaze“ fand nämlich, daß die deutschen Schiffe für Luftabwehr nicht gut ausgerüstet seien.

Am Tag der deutschen Einheit steht die Völkerverständigung im Mittelpunkt, die ja auch ein erklärtes Ziel dieser Reise ist. Und diese „Verständigung“ läuft am direktesten bei den Soldaten. Da will der deutsche Seemann mit dem japanischen Kadetten Jackenknöpfe austauschen. Die Sprachbarriere ist hoch. Mit den paar Brocken Englisch, die beide reden, einigen sie sich nach einer halben Stunde. Und der Klaus – ein Bruce-Willis- Typ, dessen Vater schon in der Marine diente – hatte gerade die erste Nacht in Tokio hinter sich. „Da legst du glatt tausend Mark hin für 'nen Abend, wenn du so pipapo alles haben willst.“ Was mit „pipapo“ gemeint ist, will er dann doch nicht so direkt sagen, „Aber du weißt schon, nicht?“

Dann wird geschwärmt von der Fete im Hardrock-Café von Schanghai. „Eine deutsche Nacht, richtig geil ist das gewesen“, sagt Klaus. Überhaupt hat Schanghai bei den Marinesoldaten Eindruck gemacht. „Das ist ja eine moderne Stadt und die Leute unterscheiden sich gar nicht mehr von uns.“ Geärgert haben sie sich auch. In Südkorea kämpften sie mit Vorurteilen. „Jeder Türsteher meinte, wir seien amerikanische GIs. Erst wenn wir sagten, wir seine Deutsche, haben sie uns reingelassen“, sagt Hubert.

Über den Knatsch in der Mannschaft, weil sie so lange auf engem Raum aufeinanderhocken, wird geredet. Zwei weitere Dunkelbier später überkommt sie das Heimweh. „Jeder zählt die Tage. 62 sind es noch, bis wir zu Hause ankommen“, sagt Klaus, der nicht mehr sicher ist, ob er am 5. Dezember – nach 140 Tagen auf See – seine Freundin am Pier in die Arme nehmen kann.

Die Offiziere reden über anderes, etwa die Übungen mit Verbänden der Gastgeberländer. Das ist ein heikler Punkt. Denn Reisen der Bundesmarine in diese Weltregion waren bisher nicht üblich. Üblich bei derartigen Flottenbesuchen seien dagegen die sogenannten Manöver im Vorbeifahren. Sie beinhalten unter anderem Fernmeldeübungen und Fahren im Verband. Beim Funken soll es aber mehrfach Verständigungsschwierigkeiten gegeben haben. Diese Reise bedeute aber nicht, daß die deutsche Marine in Zukunft in asiatischen Gewässern aktiv werden wolle, sagt Vizeadmiral Horten und Kapitän Himstedt fügt hinzu: „Solche Aktionen werden von der Bundesregierung und dem Parlament bestimmt.“

Wie viele Aufträge für die Rüstungsindustrie durch diese Reise schon eingegangen sind, war nicht zu erfahren. Noch stehen lukrative Stationen bevor. Nach Tokio steuern die Schiffe Manila in den Philippinen, das Königreich Brunei und Jakarta in Indonesien an. Die zum Verkauf stehende Fregatte „Bayern“ könnte so in zwei Jahren nur noch in asiatischen Gewässern kreuzen.

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