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Archiv-Artikel

Bütikofer entkommt

Als die Polizei räumte, war Castor-Demonstrant Reinhard Bütikofer längst weg. War es ihm „zu kalt“? Aber nein

Es war um 4 Uhr gestern Morgen, als die Polizei die Sitzblockade der Castor-Gegner an der nördlichen Route Richtung Atomzwischenlager Gorleben räumte. Da war Demonstrant Reinhard Bütikofer, 53, nicht mehr vor Ort. Der Vorsitzende der Grünen hatte gegen halb zwei am frühen Montag das Feld geräumt. Castor-Gegner waren davon ausgegangen, er bleibe bis zum bitteren Ende. Und verbreiteten enttäuscht, es sei ihm „zu kalt“ gewesen. Ganz falsch, wie die Grünen mitteilten. „Das war von vornherein so geplant und aufgrund der Übernachtungsmöglichkeit vor Ort und der Bundesvorstandssitzung am nächsten Morgen in Berlin nicht anders möglich“, erklärte ein Sprecher.

Hat Bütikofer denn nun die Sorge mancher Aktivisten bestätigt oder entkräftet, den Castor-Protest als Fototermin zu nutzen? Zunächst mal war er fünfeinhalb Stunden vor Ort, das ist für einen Spitzenpolitiker eine lange Zeit. Was machte er? Mobiltelefonieren. Interviews geben. Bei der Grünen Jugend sitzen. Diskutieren mit den Aktivisten. Also: Die Grünen sind für den Atomausstieg, gegen die Atomlobby und gegen eine „unverantwortliche Endlager-Politik“. Aber was er im Detail hörte, hat Jochen Stay sehr besorgt gemacht. „Die Grünen sagen jetzt, es dürfe keine Vorfestlegung auf Gorleben geben“, sagte der Sprecher der Bürgerinitiative X-tausendmal quer, „damit ist Gorleben wieder im Spiel. Bisher hieß es, Gorleben sei als Atomendlager nicht geeignet.“ Das habe sich teilweise, findet Stay, angehört wie „Regierungsrhetorik“.

Grundsätzlich findet er es gut, dass die Grünen sich grade in Anti-Atom-Sachen wieder stärker außerparlamentarisch engagieren. „Wir sind darauf angewiesen, dass die Atomkraftgegner wieder aktiv werden“, sagt er. Seit gestern befinden sich im Zwischenlager 80 Castor-Behälter mit radioaktiven Abfällen. Stay hat Bütikofer angeboten, einen „Gegenbesuch“ beim Grünen-Parteitag zu machen, um dort zur Sache Atomendlager zu sprechen. Hat Bütikofer sich dafür erwärmt? „Er war sich nicht so sicher.“ PETER UNFRIED