: Bürgschaftsverzicht ist keine Nebensächlichkeit
■ War dem Haushaltsausschuß bekannt, daß die Sietas-Werft nicht für Sperrwerk bürgt?
Ohne einen Beschluß und somit an der Bürgerschaft vorbei hat der Senat auf eine Bürgschaft verzichtet, die den 50 Millionen schweren Anteil der Neuenfelder Sietas-Werft am Neubau des Este-Sperrwerks absichern sollte (taz berichtete). Die damaligie Vorsitzende des Haushaltsausschusses, Elisabeth Kiausch (SPD), hatte es offenkundig unterlassen, die anderen Ausschußmitglieder über ein entsprechendes Ansinnen des Wirtschaftssenators rechtzeitig zu informieren.
In einem an Kiausch gerichteten Brief vom 13. Dezember 1995 äußert Eberhard Rittershaus (parteilos) die „Auffassung, daß auf eine Verbürgung der Verpflichtungen der Sietas-Werft verzichtet werden kann“. Normalerweise, sagt der heutige Ausschußvorsitzende Walter Zuckerer (SPD), würde ein Vorsitzender daraufhin die Sprecher der Fraktionen informieren. Nur wenn diese keinen Einwand erheben, käme man ohne weitere Beratungen im Ausschuß überein.
Zuckerer wird sich erst jetzt mit einer haushaltsrechtlichen Prüfung des Vorgangs befassen; die jetzige SPD-Fraktionsvorsitzende Kiausch fand bislang keine Zeit, gegenüber der taz Stellung zu nehmen. „Bisher kenne ich den Brief nicht und weiß auch nicht, was Frau Kiausch daraufhin getan hat“, bedauert Zuckerer. Er gehe davon aus, daß sie die Fraktionen informiert habe, „sonst wäre es schon ein bißchen komisch“.
Als Nebensächlichkeit könne Kiausch den Vorgang kaum bewertet haben, denn persönliche Briefe gebe es nur bei „nicht unwichtigen Themen“. Es sei ein deutliches Zeichen, daß auch die Behörde selbst der Auffassung gewesen sei, daß sie „wesentliche Rahmendaten“ zu verändern beabsichtigte.
Davon erfuhren die Haushaltsausschußmitglieder jedoch erst im Februar; sie erhielten den Brief mit anderen angesammelten Unterlagen per Post. Seither löchert die GAL den Senat mit Kleinen Anfragen; denn dem Haushalt 1996 wurde zugestimmt unter der Voraussetzung, daß der Mitfinanzierungsanteil der Sietas-Werft durch eine Ausfallbürgschaft gesichert ist.
Der letzte Tag der Haushaltsberatungen war der 13. Dezember 1995. Und noch vor der Beschlußfassung in der Bürgerschaft über den Haushalt – am selben Tage – habe der Wirtschaftssenator die Vorsitzende des Haushaltausschusses über die Änderung in Kenntnis gesetzt, wird in einer Antwort des Senats behauptet. Zu spät, meint Wilfried Maier, Vorsitzender und haushaltspolitischer Sprecher der GAL-Fraktion.
Auch Zuckerer wundert sich über „die Inzidenz der Termine“. Die „kleine Antwort“ des Senats, ob er dennoch davon ausgeht, daß die Bürgerschaft in Kenntnis des Schreibens dem Haushalt zugestimmt habe, steht noch aus.
Stefanie Winter
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