: Bürger- statt Städtepartnerschaften
■ Statt Bratislava oder Corintho demnächst Durban oder doch etwas in den USA?
Warum sieht man neben Bremens Ortsschildern eigentlich keine Schilder, die auf die Städtepartnerschaften mit Danzig oder Izmir hinweisen? Weil Bremen nie offizielle Städtepartnerschaftsverträge unterschrieben habe, erklärt Birgit Rambalski, zuständig für auswärtige Angelegenheiten in der Senatskanzlei. Allerdings gebe es mit einigen Städten Rahmenvereinbarungen, die faktisch solchen Partnerschaften entsprechen – oder „entsprachen“. Bremen habe aus den Zeiten der Hanse viele Handelsbeziehungen mit Städten und sich deshalb schon in den sechziger Jahren gegen formale Partnerschaftsverträge entschieden. So könne kein Affront gegenüber einer Handelsstadt entstehen, für den Fall dass es mit dieser keinen offiziellen Vertrag gebe.
Jetzt soll der Senat die Zukunft der Städtepartnerschaften überprüfen, so eine fraktionsübergreifende Bürgerschafts-Anfrage. Denn nicht alle Kontakte sind so gut wie die Wunschehe mit der alten Hansestadt Danzig. Die Partnerschaften mit der slowakischen Hauptstadt Bratislava oder dem nicaraguanischen Corintho sind klinisch tot. Wenn man sich von ihnen trennen würde, so die Idee der Parlamentarier, entstünde Platz für neue Kontakte. Und immerhin gibt es schon 20 Anfragen aus aller Welt.
Künftige Annäherungen zwischen Städten werden wohl eine neue Form annehmen: Der Begriff der „Bürgerpartnerschaft“ passt wesentlich besser für zukunftsorientierte Projekte, findet Gunther Hilliges, Leiter des Landesamts für Entwicklungszusammenarbeit. Er geht davon aus, dass der Aussöhnungsgedanke – ursprünglich Grundlage der europäischen Städtepartnerschaften – zwischen den „Erbfeinden“ Deutschland und Frankreich oder zwischen Deutschland und Polen viel Gutes bewirkt habe. Heute benötige man indes einen weltweiten Austausch zwischen den Kommunen. Der Erfahrungsaustausch ermögliche es den Städten den Globalisierungsprozess mitzugestalten. Positives Beispiel: Die Partnerschaft mit der indischen Stadt Pune. Beide Kommunen haben ähnliche Probleme mit der Wasserverschmutzung ihrer Flüsse und wollen dieses Problem jetzt gemeinsam lösen.
Diese Zusammenarbeit braucht keinen Partnerschaftsvertrag. Ein wenig Geld fließt hierfür auch so aus dem Bremer Haushalt. Hilliges' Vorschlag zu einer offiziellen Partnerschaft zwischen Bremen und Pune stieß sogar schon vor zehn Jahren auf schroffe Abneigung in Indien, weil man dort gerade die korruptionsanfälligen offiziellen Kanäle vermeiden wollte.
Ein weiterer Kandidat ist vielleicht das südafrikanische Durban. Der Bürgermeister kommt nächste Woche nach Bremen. Das Symphonieorchester von Izmir tut es ihm im Oktober gleich und pflegt so die bereits vorhandenen Kontakte. aro
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