piwik no script img

„Bündelt lokale Kraft“

■ SPD-Forum über neue Medien

Als Radio-Bremen-Journalist und Veranstaltungsmoderator Theo Schlüter gestern nachmittag ironisch die „Verkaufsveranstaltung“ eröffnete, zu der auch der künftige Konkurrent der Telecom auf dem Telekommunikationsmarkt, die Vebacom, und lokale Anbieter elektronischer Systeme wie die BreKom gestern das Wort erhielten, waren die kritischsten Vorträge im Rahmen des „Multimedia“–Forums bereits gehalten.

Die Aufgaben für die kommunale Politik hatte der Bremer Professor Herbert Kubicek bereits abgesteckt. Er appellierte, vor allem die Prognosen der Multimedia-Entwicklung kritisch unter die Lupe zu nehmen. „Wer sagt, daß der Telekommunikationsmarkt den Automarkt übertrifft, traut der Autoindustrie wohl nichts mehr zu“, witzelte er. Zumeist stammten Prognosen über die Entwicklung aus den Marketingabteilungen der Firmen. Die müßten jedoch erst noch begreifen, daß für die Nutzung interaktiver Medien, egal ob übers Internet oder über andere Kanäle, das Nutzerpublikum erst noch qualifiziert werden müsse. Bevor der jetzige Stand der Technik mit seinen Möglichkeiten zum wirklichen „Massenmedium“ erklärt werden könne, müßten die Menschen den Umgang damit lernen. Zugang und Nutzung der Technik im Sinne des Grundrechtes auf freie Meinungsäußerung politisch gefördert werden: Schulen und Bibliotheken böten sich mit öffentlich zugänglichen Servern an.

Doch erst die Beiträge der „Verkaufsveranstaltung“ deuteten an, welche Brisanz die Fragestellung nach dem Zugang zu den Datennetzen nicht nur für private Nutzer haben. Es geht um Geld, um Märkte – und um Macht, wenn ab Januar 1998 die Privatisierung der Netze Gesetz wird. Bis dahin ziehen Interessenten hinter den Kulissen die Fäden, um zu einer Nutzung kommunaler Kommunikationsnetze zu kommen, wie sie die städtische BreKom oder die Stadtwerke unterhalten.

„Regionale Netze sind der Anknüpfungspunkt für nationale Unternehmen“, sagte Vebacom-Manager Klaus Wedemeier gestern. „Bündeln Sie die Kräfte. Den Rest machen wir.“ Chance auf dem neuen Markt hätten höchstens spezialisierte lokale Anbieter. Im übrigen werde die Telecom ihre Vormachtstellung behalten, schätze er. ede

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen