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Brunsbüttel: Beben oder Nicht-Beben

■ HEW sollen nachweisen, daß AKW erschütterungssicher ist

Müssen die HEW das seit zwei Jahren abgeschaltete Atomkraftwerk Brunsbüttel ganz aufgeben? Das Energieministerium in Kiel gab gestern die Ergebnisse eines geophysikalischen Gutachtens bekannt, wonach in dem Gebiet um die Atomanlage „potentielle Erdbebenstörungen“ zu erwarten sind.

Atomkraftwerke in Deutschland müssen so gebaut sein, daß sie bei Erdbeben den Erschütterungen standhalten. Bei der Berechnung, so schreibt das „Kerntechnische Regelwerk“ (KTA) vor, sollen auch in der Vergangenheit registrierte Beben in einem Umkreis von 200 Kilometern berücksichtigt werden. Zugrunde gelegt wird in der KTA die sogenannte MSK-Skala (Medvedev-Sponheuer-Karnik-Skala, Einheit i = x).

Die Gutachter des Kieler Ministeriums behaupten nun, daß Brunsbüttel in der Nähe „tiefer Sockelstörungen stehe“ und die Bodenbeschaffenheit mit der Region im niedersächsischen Alfhausen zu vergleichen sei. Dort habe es „historische Beben“ der Stärke i = 6 und i = 7 gegeben. Eine Stärke, für die das 1976 in Betrieb genommene AKW nicht ausgelegt sei.

Die Betreiberfirma habe nun bis Ende Juli Zeit, sich zu dem Gutachten zu äußern, sagte der Ministeriums-Sprecher Klaus Kramer zur taz. Danach werde Kiel entscheiden, ob nur die rissigen Rohre oder weitere Teile erneuert werden müssen. Letzteres könnte das Aus für den Reaktor bedeuten.

Das Beben von Alfhausen sei für Brunsbüttel „nicht relevant“, heißt es in einer Pressemitteilung der HEW. Gutachten von anerkannten Seismologen zeigten, daß Brunsbüttel auf der „Pompeckij'schen Scholle“ liege und somit nicht erdbebengefährdet sei.

Auch Umweltsenator Fritz Vahrenholt zeigte sich gestern überrascht, daß ausgerechnet Brunsbüttel Erdbebengebiet sein solle. Es sei gut, wenn Kiel Konsequenzen ziehe und „endlich klare Verhältnisse schafft“. Dann könne die HEW sich darauf einrichten und gegebenenfalls gegen die Kieler Auflagen klagen. kaj

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