: Brennstäbe der „Otto Hahn“ in Geesthacht aufgetaucht
NUKLEAR-ERBE Nach 30 Jahren sollen Brennstäbe des Atomfrachters quer durch Europa gekarrt werden
DIRK SEIFERT, ROBIN WOOD
Offenkundig bei den Aufräumarbeiten der stillgelegten Kerntechnischen Anlagen im Kernforschungszentrum GKSS in Geesthacht sind die Verantwortlichen an eine Altlast erinnert worden. Seit 30 Jahren lagern hier 49 bestrahlte und drei unbestrahlte Brennstäbe aus dem Atomschiff „Otto Hahn“, das 1979 nach kurzer Karriere aus dem Verkehr gezogen worden war. Die gefährlichen Brennstäbe des Frachters, die laut GKSS in einem „sicheren Strahlenschutzbehälter“ gelagert sind, sollen nun 1.600 Kilometer nach Frankreich ins Kernforschungszentrum Cadarache gekarrt, in einen Castor verladen und wieder zurück ins Zwischenlager Greifswald gebracht werden.
Weshalb der vom Bundesamt für Strahlenschutz genehmigte Transport so aufwändig und risikobehaftet durchgeführt werden muss, hat nach Angaben von GKSS-Sprecher Torsten Fischer zwei Gründe. „Die GKSS hat nicht die technischen Möglichkeiten, die Brennstäbe in einen Castor zu verladen“, sagt Fischer. Der Vorschlag, dies im benachbarten Atomkraftwerk Krümmel zu machen, sei aus genehmigungsrechtlichen Gründen nicht praktikabel. Ein Atomkraftwerk dürfe nur den eigenen Atommüll in Castor-Behälter verpacken. „Da müsste eine ganz neue Betriebsgenehmigung erteilt werden“, sagt Fischer.
Dass die Brennstäbe der „Otto Hahn“ bei der GKSS noch lagern, verblüfft selbst Kenner der Materie. Es hatte immer geheißen, dass nur der Druckbehälter in Geesthacht eingelagert worden sei. „Die Brennstäbe verblieben seinerzeit zur Nachuntersuchung“, sagt Fischer nun.
Für Dirk Seifert, Energiereferent bei Robin Wood, ist der Atommüll-Tourismus quer durch Europa skandalös. „Es ist fraglich, ob der Transport nach der Strahlenschutzverordnung überhaupt zulässig ist“, sagt Seifert. „Diese schreibt klar eine Minimierung des Strahlen- und Gefahrenrisikos vor.“ KAI VON APPEN