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BremerInnen fordern eine „andere Stadt“

Bremen (taz) – Wohl noch nie haben Menschen der unterschiedlichsten politischen Coleur so engangiert für den Erhalt der Bremer Kulturlandschaft gestritten wie bei der „Anstoß“-Veranstaltung am Wochenende im Rathaus (vgl. taz von gestern). Die taz dokumentiert einige der Zitate, an die man sich erinnern wird.

Kultursenator Bernt Schulte (CDU): „Es ist dramatisch. Eigentlich haben wir im Kulturetat ein Loch von 16 Millionen Mark ... Ich musste die Senatsvorlage fünf, sechs, sieben Mal umschreiben. Ich sollte angeben, welche Einrichtung ich schließen werde. Da habe ich gesagt: Das mache ich nicht. Jetzt soll ich bis zum 1.4. alles ganz dezidiert vorlegen ... Ich habe das mit dem Vertrauensschutz nicht allein zu verantworten. Was ich an der Vorlage aber gut finde: Dass der Senat das zur Kenntnis nimmt.“

Brigitte Schulte-Hofkrüger, projektgruppe neue musik: Man bekommt – bei allem Respekt – den Eindruck, dass Sie, Herr Schulte, ein Opfer sind. Doch es gibt weder von Ihnen noch von den Kulturdeputierten Stellungnahmen, die sich vehement für den Erhalt der Kultur einsetzen.“

Werner Rabus, Anwalt: „Was mich aufregt, ist diese Verlogenheit der Sprache. Es sind im Senat doch ganz coole Entscheidungen gefällt worden. Und dann wird die Sprachsauce darüber gekleistert, dass hier 20 Prozent der Kultureinrichtungen geschlossen werden sollen. Wir als Bürger werden nicht hinnehmen, dass die Straßen asphaltiert sind, aber die Schulen verrotten und die Kultur nicht mehr vorkommt. Wir müssen sagen: Wir wollen eine andere Stadt!“

Klaus Pierwoß, Intendant des Theaters am Goetheplatz: „Man versucht, die Finanzierungskrise der Stadt umzudefinieren in eine Finanzierungskrise der Kultur-Institutionen. Niemand von uns hat etwas gegen Reformen und Strukturverbesserungen. Aber wir werden uns dagegen wehren, dass der schwarze Peter den Institutionen zugeschoben wird.“

Volker Heller, Geschäftsführer der Kulturmanagement-Gesellschaft kmb: „Ich bin der Erste, der auf dem Tisch tanzt, wenn es mehr Geld für die Kultur gibt. Doch als dieses Szenario in der taz veröffentlicht wurde und dann wie eine Bombe einschlug, habe ich mich gefragt: Wo haben Sie in den letzten Jahren gelebt?“

Reinhard Strömer, Leiter der Kulturabteilung: „Wir sind in einer katastrophalen Situation. Ich werde Sie unterstützen, so weit es innerhalb meiner Loyalitätsverpflichtung geht.“

Rolf Rempe*, Vorsitzender der Bremer Theaterfreunde: „Wir kündigen dem Senat das Vertrauen, und das können die Politiker dann nur ganz langsam zurückgewinnen. Wir kündigen auch dem Rathaus hier das Vertrauen – wenn Kultur keine Bedeutung mehr hat, kann man das hier alles verkaufen.“

*Rolf Rempe legt Wert darauf, als Vorsitzender der Bremer Theaterfreunde gesprochen zu haben und nicht in seiner Eigenschaft als Manager der Landesbank-Tochter „Nordwest Vermögen“

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