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Bremen will Werften nicht mehr helfen

■ Großkoalition streicht Bremer Anteil an Schiffbauhilfe komplett aus dem Wirtschaftsetat

Mitten in der Vulkan-Krise hat die Große Koalition gestern einen Wirtschaftshaushalt für die Jahre 1996/97 beschlossen, der keinerlei Werftenhilfen mehr vorsieht. Noch nicht einmal die vom Bund bereits fest zugesagten rund 50 Millionen Mark können vom Land Bremen abgerufen werden. Wirtschaftssenator Hartmut Perschau (CDU) hat die erforderliche Komplementärfinanzierung in seinem Haushalt nicht berücksichtigt. Und für das seit Monaten vom Senat angemahnte „Unterweserkonzept“ des Vulkan enthält der gestern in der Wirtschaftsdeputation gegen die Stimmen der Opposition beschlossene Etat keine einzige Mark.

Als „Armutszeugnis für den Senat und Gegenteil seriöser Haushaltspolitik“ kritisierte der Sprecher der Wirtschaftsdeputation, der Grüne Ralf Fücks, den Beschluß. Auch der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD, Detmar Leo, der dem Haushalt zugestimmt hat, sieht bei der Werftenhilfe jetzt „ein Riesenproblem“ auf Bremen zukommen, das nur noch der Finanzsenator lösen könne. Auf Nölle verweist auch das Wirtschaftsressort selber. Sprecher Frank Schaer: „Die Werftenhilfe muß beim Finanzsenator veranschlagt werden.“ Doch dort ist bisher keine Mark dafür eingeplant.

Noch am Mittwoch hatte die SPD die Aussetzung der gestrigen Entscheidung in der Wirtschaftsdeputation beantragt (taz vom 15.1.). Doch kurz vor der Sitzung forderte SPD-Fraktionschef Christian Weber die Genossen telefonisch zur Zustimmung auf. Sein CDU-Kollege Ronald-Mike Neumeyer hatte nämlich mit dem Bruch der großen Koalition gedroht, falls der vorgelegte Wirtschaftshaushalt nicht beschlossen werde. „Das kann man nur einmal machen“, klagte Detmar Leo anschließend, „und es wird das Klima weiter belasten, wenn jetzt über die einzelnen Maßnahmen im WAP (Wirtschaftsstrukturpolitischen Aktions-Programm) gesprochen wird.“

Eigentlich hatte die SPD eine deutliche Umschichtung der WAP-Millionen gefordert – weg vom Gewerbeflächentopf und hin zur Mittelstands- und Dienstleistungs-Förderung. Doch zugestanden hat der Wirtschaftssenator gestern lediglich eine kleine Umverteilung von fünf Millionen Mark aus dem Dienstleistungs- in den Mittelstandsfonds; die Mittel für die Erschließung neuer Gewerbeflächen blieben im Doppelhaushalt 96/97 mit insgesamt 165 Millionen Mark gegenüber dem Entwurf unverändert.

„Der Zwergenaufstand ist abgeblasen“, verhöhnte Ralf Fücks nach der Sitzung die erzwungene Zustimmung der SPD-Deputierten. Und ergänzte noch einen weiteren Kritikpunkt: Im Wirtschaftsetat 1997 sei für ökologische Ausgleichsmaßnahmen bei der Erschließung neuer Gewerbegebiete keine einzige Mark mehr einge- plant. Fücks: „Den Landschaftsverbrauch beschleunigen und den ökologischen Ausgleich auf Nulldiät setzen – das ist Betonpolitik in Reinkultur.“

Martin Rohde, Sprecher des Gesamtverbandes Natur und Umweltschutz Unterweser (GNUU), sieht in Perschaus Etat denn auch bereits den Vorgriff auf eine Gesetzes- initiative der Bundesregierung. Die will die Beteiligungsrechte der Umweltverbände in Planfeststellungsverfahren deutlich beschneiden – und damit auch die Kosten für ökologische Ausgleichsmaßnahmen stark drücken. Ase

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