: Bremen not „as good as Bochum“
■ Blues-Band: Alte Band, altes Konzept, altes Publikum
„Back for more“ war am Freitag die Blues-Band im Schlachthof. Die fünf Briten bewiesenihrem Publikum, daß Professionalität und Routine im Musikgeschäft nicht langweilig sein müssen.
Nach den ersten drei Stücken war von englischer Reserviertheit nichts mehr zu spüren. Sänger Paul Jones, korrekt gescheitelter, altersloser Schulbubi, ließ sein Oberkellner-Sakko fallen und zauberte auf seiner Mundharmonika traditionellen Blues und klassisches Konzert (de Aranjuez). Lungenspitzen, die bis in die Füße reichen, bliesen und sogen luftliterweise virtuose Soli über ein solide gestricktes Musikgerüst. Mit berechneter Gestik untermauerte Jones seine Songs, ließ wohlplaziert Bewegung in seinen Vortrag fließen, ohne dabei überzogen zu wirken, und setzte immer wieder seine Musikerkollegen in Szene. Bassist Gary Fletcher, ein typisch zurückhaltender Vertreter seines Metiers, sprang zwischenzeitlich begeistert aus seinem Versteck neben dem Schlagzeug, um dann - wie verschreckt über seine Keckheit - wieder im Hintergrund zu verschwinden. Die Gitarristen Tom Mc Guiness und David Kelly ersparten dem Publikum ermüdende Hypersoli, ergänzten sich optimal, spielten abwechselnd Solo und Rhythmus,
synchron, zweistimmig, ohne sich ausstechen zu wollen, und Trommler Rob Townsend trieb die Band mit seiner soliden Arbeit immer wieder nach vorne.
Da wurde sogar die bei Konzerten ebenso obligatorische wie peinliche Anmache „Do you want to sing with me“ zu einem Performance-Vergnügen: Fünf Minuten leistete sich Jones den Luxus, sein Publikum zum Grölen zu bringen, kletterte ins Auditorium, fragte die Fans nach dem Befinden der Freundin und stellte befriedigt fest: „Your quite good singers...“, worauf Dave Kelly ans Mikrophon trat und ergänzte “... but not as good as Bochum.“ Das wollten die BremerInnen nicht auf sich sitzen lassen und legten sich noch lauter ins Zeug. Die vorformulierten Halbsätze zeugten vom Geist der Veranstaltung: „I“ - „I„ - „will“ - „will„ - „go“ „go„ „and buy the Blues Band Album.“
Der Blick von der Bühne war für die Musiker etwas deprimierender. Die Blues-Musik scheint kein Nachswuchspublikum zu haben. Gediegen wogen Altfreaks ihre Bierbäuche im Takt, hier und dort sah man einen Fuß energisch den Rhythmus auf den Boden klopfen. Nur Applaus und zufriedenes Johlen ließen darauf schließen, daß die Band ihren gebührenden Anklang fand. ma
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