: Bremen alaaf
■ Dr Karneval kütt: Mit FreiNacht, Straßenkarneval und Erd-Ball
Die erste Halle war zu klein. Zu eng für die Vogelscheuchen-Armee. Zu wenig Platz für Mistkäfer, Libellen und Glückskäfer, die bis zu zwei Meter groß sind. Oder den Elefant ohne Rüssel. Oder den Briowald: Zwei Meter große Tannen- und Laubbäume im Stil des Brio-Spielzeugs. Ein Rendezvous mit der versunkenen Welt der Kindheit – damals, als es noch täglich etwas zu Staunen gab.
Es ist eine zauberhafte Welt, die da seit November letzten Jahres erst in einer, dann in zwei Hallen entsteht: Rund 50 KünstlerInnen des Blaumeier-Ateliers entwerfen und bauen die Gestaltungselemente, die aus dem Park hinter der Kunsthalle eine magische Landschaft machen sollen. Neben den Skulpturen wird es Höhlen geben, überdimensionale Vogelnester, ein Baumdorf aus schrägen Baumhäusern und ein „begehbares“ Spinnennetz zwischen drei Bäumen. Auf dem See werden Nebelschwaden treiben und die Altmannshöhe wird umgedeutet als Stierkampfarena. Für eine entsprechend wirkunsvolle Beleuchtung sorgt der Lichtkünstler Wolfgang Graemer. Peter Friemer ergänzt das Szenario durch eine Klangkomposition.
Fehlen nur noch die Menschen, und die werden am kommenden Freitag und Samstag auch nicht wiederzuerkennen sein: „Ungefähr 150 Maskenspieler können zwischen 18 und 22 Uhr auf diesem Spielfeld machen, was sie wollen“, so Andreas Meister vom Blaumeier-Atelier zur taz. „Wir schaffen in diesem Park lediglich den Hintergrund und die Spielangebote.“ Für die Maskenspieler wird der Abend zur „FreiNacht“. Die Zuschauer können ihnen dabei zusehen, dürfen allerdings nicht selber eingreifen: Den Zuschauern gehören die Wege, den Maskenspielern die Grünflächen.
Die Maskenspieler reisen aus dem gesamten Bundesgebiet an und präsentieren anhand und über die Masken hinaus eine Figur, deren Charakter sich parallel zum Bauen der Maske entwickelt hat. In der „FreiNacht“ treffen sich diese Figuren in fantastischer Kulisse und fangen an, miteinander zu spielen. Andreas Meister: „Die Sprache ist dabei nicht entscheidend, im Gegenteil, bei einer Vollmaske ist gar keine Sprache mehr möglich. Die Maskenspieler erzählen alles nur über den Körper.“ Es wird also ein improvisiertes Körpertheater geben, das Spiel entwickelt sich durch die Impulse, die sich die Spieler geben. Meister unterstreicht den künstlerischen Anspruch dabei: „Die Maske ist kein karnevalistisches Medium für uns.“
Trotzdem gehört die „FreiNacht“ fest zum Bremer Karneval, und der bietet auch noch andere Höhepunkte, die in dieser Form in der Bundesrepublik einzigartig sind: Über 1000 Sambatrommler werden dieses Jahr unter dem Motto „Terra Magica“ Bremens Karnevaltradition fortführen: Der Bremer Straßenkarneval verbindet die Bräuche der nordeuropäischen Winteraustreibung mit der brasilianischen Sambakultur. Los geht's um 12 Uhr auf dem Marktplatz, nach der Eröffnung ziehen die Erdgeister, Kobolde und Tatzelwürmer weiter in Richtung Viertel. In den Wallanlagen, vor dem Café Engel und auf den Open-Air-Bühnen am Goetheplatz machen einige der Gruppen gesondert Station.
Samstag Abend versammeln sich die Sambistas im Schlachthof und da gibt es dann noch einmal Programm für alle: In der Kesselhalle ist eine Bühnenshow geplant, für den Magazinkeller sind feurige Beats angekündigt, ab halb zwei auch mit DJs. Ein Vulkan wird in Aktion geraten und auf der Bühne steht ein Tableau aus Urwaldpflanzen – „Erd-Ball“ haben die Veranstalter diesen Abend genannt. kli
Karten für die FreiNacht (5 Euro) und für den Erd-Ball (17, ermäßigt 14 Euro) gibt es in im Kafé Lagerhaus, im Schlachthof und im Buchladen Harlekin
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