: Brechbohnen für die Hauptgewinner
■ „Höchst unmoralischer“ Kaffeefahrt-Betreiber kassiert einjährige Bewährungsstrafe
Ein Kaffeefahrt-Betreiber aus dem Kreis Cloppenburg ist am gestrigen Donnerstag wegen verbotener Werbung und Betrugs zu einer einjährigen Bewährungsstrafe verurteilt worden. Außerdem soll der 39-jährige Mann, der nach Ansicht einer Großen Strafkammer des Landgerichts Oldenburg die Grenzen seines Gewerbes „ausgetestet“ hat, 15.000 Mark (7.669 Euro) Geldbuße an ein Altenheim zahlen. Die Verteidiger des Kaffeefahrt-Betreibers, die auf Freispruch für ihren Mandanten plädiert hatten, kündigten Revision gegen das Urteil an.
„Höchst unmoralisch“ und mit irreführenden und unwahren Versprechungen habe der Angeklagte über mehrere Scheinfirmen Teilnehmer für seine Verkaufsfahrten angelockt, hieß es in der mündlichen Urteilsbegründung des Gerichts. Der Hintergrund: Auf den kostenpflichtigen Tagesreisen für angebliche Lotterie-Gewinner sollten Geldpreise in Bar ausgezahlt, wertvolle Geschenke überreicht und kostenlose Mittagessen spendiert werden.
Die „Gewinnerfahrten“ entpuppten sich indessen als lupenreine Verkaufsfahrten – die noch nicht einmal die kulinarischen Hoffnungen der Teilnehmer befriedigten. Das angekündigte Mittagessen nämlich bestand aus einer Konservendose mit Erbsensuppe. Die Alternative: Brechbohnen für den heimischen Verzehr.
Als „teure Verdummung“ bewerteten die Oldenburger Richter die missbräuchliche Nutzung von 0190-Servicenummern der höchsten Gebührenklasse – genau 3,63 Mark pro Telefonminute – durch den Angeklagten. Wenn die von den persönlichen Anschreiben „verwirrten“ Lotteriegewinner unter den angebenen Nummern Näheres erfahren wollten, bekamen sie die bereits in den Einladungsschreiben genannten Details aufgezählt.
Strafmildernd wurden dem Angeklagten „Lücken im Verbraucherschutz“ und das Einräumen seiner in seinen Augen allerdings legalen Tricks und Täuschungsmanöver zugute gehalten.
dpa
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen