■ QUERBILD: Brassed Off
Der nordenglische Kohlegürtel war in den achtziger Jahren besonders hart von Thatchers Kahlschlagpolitik betroffen: Mehr als 140 Minen wurden dichtgemacht. Der Regisseur Mark Herrman stammt aus dieser Gegend und knüpft mit Brassed Off an die Tradition des sozialkritischen britischen Films an. Die Zeche bestimmt den Rhythmus in der Bergarbeitersiedlung Grimley. Deutlich wird das in der Eingangssequenz, wenn die Kumpel im schwankenden Licht ihrer Grubenlampen energisch durch den Stollen stampfen, sich beim Ton der Fabriksirene in der Kaue abseifen, vor beschlagenen Spiegeln kämmen und die Luft mit ihren Frotzeleien füllen.
Doch die Tage der Mine sind gezählt. Das wissen die Männer und ihre Frauen, die draußen vorm Werkstor mit Transparenten gegen die Stillegung protestieren. Keiner der Kumpel sieht mehr einen rechten Sinn in den Proben der traditionsreichen Bläserkapelle, in der sie alle spielen. Einzig Bandleiter Danny (Pete Postlethwaite) glaubt an die Kraft der Musik gerade auch in harten Zeiten. Doch auch er bricht Traditionen, als er mit Gloria (Tara Fitzgerald) zum ersten Mal eine Frau mitspielen läßt. Posaunist Andy (Ewan McGregor) erkennt in ihr seine Flamme aus der gemeinsamen Schulzeit und verliebt sich erneut.
Die stachelige Unbeholfenheit erster Liebe, Existenzsorgen, Ehekrach, Krankheit, aber auch Momente der Zuversicht und schiere Lebensfreude begleiten die Band bis zu ihrem furiosen Auftritt in der Royal Albert Hall. Wer solcher Blechmusik bislang eher mit Vorbehalten begegnet ist, wird spätestens an dieser Stelle mitgerissen von ihrem kraftvollen Optimismus.
Gilla Steinmetz
Abaton, Alabama, Ufa, Zeise
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